Dobrindt hält trotz Schlappe vor Gericht an Asyl-Rückweisungen fest

- von Markus Wacket
Berlin (Reuters) - Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hält trotz einer Schlappe vor Gericht an seinem Migrationskurs fest und will Asylbewerber weiter abweisen.
Das Verwaltungsgericht Berlin habe sich in seinem Eil-Urteil auf einen Einzelfall bezogen, sagte der CSU-Politiker am Montagabend in Berlin. Man strebe eine Entscheidung im Hauptverfahren an. "Wir halten im Übrigen an den Zurückweisungen fest." Das Gericht habe ausführlichere Begründungen für die Zurückweisungen verlangt. Diese werde man liefern. Das Gericht hatte im Fall dreier Somalier die Zurückweisung von Asylbewerbern auf deutschem Gebiet für rechtswidrig erklärt. Sie dürften nicht ohne Prüfung des Asylantrags abgewiesen werden. Die Entscheidung sei unanfechtbar. Welches Land letztlich für den Antrag zuständig sei, müsse in Deutschland nach dem sogenannten Dublin-Verfahren ermittelt werden.
Der Innenexperte Sebastian Fiedler vom Koalitionspartner SPD erklärte, man werde mit Dobrindt sprechen, wie die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umgesetzt werden könnten. "Die Erlasslage des Ministeriums und die Verfügungen des Präsidenten der Bundespolizei müssen zweifelsfrei mit Europarecht, deutschem Recht und unserem Anspruch, Schutzsuchenden zu helfen, vereinbar sein."
Im Koalitionsvertrag heißt es, dass Zurückweisungen auch von Asylbewerbern "in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn" vorgenommen würden. Was dies genau heißt, wurde jedoch nicht definiert.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, nannte das Urteil eine erwartete Niederlage für Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Innenminister Dobrindt (CSU): "Merz und Dobrindt wollten mit dem Kopf durch die Wand und sind damit krachend gescheitert." Auch die Gewerkschaft der Bundespolizei zeigte sich nicht überrascht.
Die drei Somalier, zwei Männer und eine Frau, seien mit dem Zug aus Polen gekommen und Anfang Mai ins Bundesgebiet eingereist, teilte das Gericht mit. Am Bahnhof Frankfurt/Oder seien sie durch die Bundespolizei kontrolliert und nach Äußerung eines Asylgesuchs noch am selben Tag nach Polen zurückgewiesen worden. Die Zurückweisung wurde seitens der Bundespolizei mit der Einreise aus einem sicheren Drittstaat begründet. Dagegen hatten sich die Somalier vor Gericht gewehrt.
Dobrindt sagte, es sei bereits der dritte Versuch der Somalier gewesen, innerhalb weniger Tage die Grenze zu überschreiten. Erst beim dritten Mal hätten sie sich auf Asyl berufen.
Das Gericht führte weiter aus, die Bundesrepublik könne sich nicht darauf berufen, dass die Dublin-Verordnung angesichts einer Notlage unangewendet bleiben dürfe, erklärte das Gericht weiter. Auch könne sie sich nicht auf Artikel 72 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union stützen. Auf beide Regelungen hatte sich Innenminister Dobrindt bei der Verschärfung des Asylkurses berufen.
GRÜNE: DOBRINDT MUSS ANORDNUNG UNVERZÜGLICH ZURÜCKZIEHEN
Mihalic von den Grünen sagte der "Rheinischen Post": "Die Grenzblockaden waren eine Absage an das europäische Dublin-System und haben unsere europäischen Nachbarn vor den Kopf gestoßen." Dobrindt müsse jetzt unverzüglich seine Anordnung zurückziehen. Der Vorsitzende des Bereichs Bundespolizei bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf, sagte der "Funke Mediengruppe": "Wir haben von Anfang an gesagt, dass die jetzt eingeführte Verfahrensweise, Zurückweisung von Asyl- und Schutzersuchenden, juristisch stark umstritten ist." Man sei nur den Anweisungen des Innenministers gefolgt. "Wichtig ist uns nur, dass keinerlei Konsequenzen und rechtliche Schritte an unseren Kolleginnen und Kollegen hängen bleiben."
Dobrindt hatte angeordnet, dass die Kontrollen an den Grenzen verschärft werden und auch Asylbewerber zurückgewiesen werden könnten. Ausgenommen seien Kranke, Schwangere oder Kinder. Ob und wer zurückgewiesen wurde, überließ Dobrindt der Einschätzung der Polizei. Kritik an dem Vorgehen hatte er zurückgewiesen: "Unser Asylgesetz bietet die Grundlagen dafür", hatte er im ZDF gesagt. Verträge mit den Nachbarstaaten ließen dies auch zu. "Das eingebettet mit den europäischen Ausnahmeregeln gibt dann am Schluss eine Möglichkeit, dass man das auch schaffen kann."
(Redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)