Industrieverband: Handelsstreit bremst deutsche Wirtschaft 2025 aus

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Berlin (Reuters) - Der Konjunkturpessimismus der deutschen Industrie nimmt wegen des Handelsstreits mit den USA deutlich zu.

Der Branchenverband BDI teilte am Montag in Berlin mit, dieses Jahr sei mit einem Minus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,3 Prozent zu rechnen. "Wir haben noch einen Weg vor uns aus der Rezession", sagte BDI-Präsident Peter Leibinger zu den Konjunkturaussichten in Deutschland, dessen Wirtschaft bereits zwei Jahre in Folge geschrumpft ist. Die US-Zölle dürften, sofern sie nicht noch zurückgenommen werden, die hiesige Wirtschaft um 0,3 Prozentpunkte kosten.

Leibinger ergänzte, er sei auch wegen des eskalierten Nahost-Konflikts besorgt. Sollte die Straße von Hormus tatsächlich gesperrt werden, könnte dies massive Auswirkungen auf die Energiepreise haben. Denn ein Großteil des Ölhandels sei auf Transporte durch die Meerenge angewiesen. Ökonomen warnen vor erheblichen wirtschaftlichen Folgen im Falle einer Blockade durch Iran. Der Ölpreis für die Nordseesorte Brent könne dann binnen kurzer Zeit auf 120 Dollar pro Barrel (159 Liter) klettern, so die Einschätzung der Ökonomen Robin Winkler und Marc Schattenberg von Deutsche Bank Research. In Deutschland und der Euro-Zone würde ein Anstieg dieser Größenordnung die Einfuhrkosten um etwa ein Prozent des BIP erhöhen.

BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner sagte, der Welthandel werde dieses Jahr nur um magere 1,5 bis zwei Prozent zulegen. Ihr Verband rechne damit, dass die 20-prozentigen Zölle auf europäische Exporte in die USA ab Juli wieder gelten würden. Gönner sprach von einer wachsenden Unsicherheit wegen der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. Der Bundesverband der Deutschen Industrie rechnet bei den Exporten dieses Jahr mit einem Minus von zwei Prozent. Vor allem das zweite Halbjahr werde schwierig, so Gönner.

Ende Januar hatte der BDI noch ein Minus von 0,1 Prozent beim deutschen BIP veranschlagt, allerdings darauf verwiesen, dass es wegen der neuen US-Zölle auch schlechter laufen könnte. Simulationsrechnungen des Münchner Ifo-Instituts zufolge, könnte ein weiteres US-Zollpaket nach dem Ende der derzeit geltenden Pause die deutsche Industrie hart treffen. Diese könnte dann mittelfristig um 2,8 Prozent schrumpfen. Die deutschen Exporte in die USA würden demnach um 38,5 Prozent einbrechen. Auch die Ausfuhren nach China könnten sich in der Folge um 4,7 Prozent verringern. "Sollte US-Präsident Trump seine Zoll-Ankündigungen tatsächlich umsetzen, wären die direkten Auswirkungen für die deutschen US-Exporte erheblich", warnte Ifo-Handelsexperte Andreas Baur.

VIELE ÖKONOMEN ERWARTEN SCHWACHES WACHSTUM

Das vom Ifo durchgespielte Szenario basiert auf der Annahme, dass Trump die am 2. April verkündeten länderspezifischen Zölle nach der bis zum Anfang Juli währenden 90-tägigen Verhandlungspause wieder einführt und für EU-Importe die im Raum stehenden Zölle in Höhe von 50 Prozent erhebt. Außerdem werden bei Pharma- und Elektronikprodukten sowie Stahl, Aluminium, Autos und Autoteilen produktspezifische Zölle in Höhe von 25 Prozent angenommen.

Die Münchner Forscher und auch das Essener RWI sowie das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnen für 2025 mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent, womit die seit zwei Jahren andauernde Rezessionsphase hierzulande ein Ende hätte. Die Forscher des gewerkschaftsnahnen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung erwarten beim BIP ein Plus von 0,2 Prozent. Hauptgründe für die heraufziehende Erholung in Deutschland sind aus Sicht der Forscher ein anziehender Konsum der privaten Haushalte und die positiven Impulse der staatlichen Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen.

BDI-Präsident Leibinger lobte die ersten Maßnahmen der neuen Bundesregierung. "Der Kurs stimmt." Der Weg aus der Rezession sei aber schwierig. Es gebe zumindest eine Bodenbildung und eine echte Chance auf einen baldigen Aufschwung. Die Stimmung sei besser geworden, aber derzeit besser als die Lage. Jetzt gehe es um Taten der Regierung.

(Bericht von Christian Krämer, Rene Wagner, geschrieben von Reinhard Becker. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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