Angespannte Stimmung: Bahn und GDL treffen sich zur ersten Tarifrunde

dpa-AFX · Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Zum Auftakt der Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) an diesem Freitag ist die Stimmung angespannt. Seit rund anderthalb Monaten sind die bisher geltenden Tarifverträge schon ausgelaufen. Terminvorschläge für neue Verhandlungen verstrichen. Bahn-Personalvorstand Martin Seiler warf der Gewerkschaft vor, auf Zeit zu spielen.

Die GDL wiederum wollte erst grundsätzliche Fragen zur künftigen Rolle als kleinere von zwei Gewerkschaften in dem Konzern geklärt wissen. Nun kommen beide Seiten an diesem Freitag erstmals zur neuen Tarifrunde zusammen.

"Wir begrüßen, dass die GDL endlich den Schritt macht und verhandelt", teilte Seiler zuvor mit. Zu verteilen gibt es aus Sicht der Bahn allerdings nicht viel. Der Konzern verweist auf finanzielle Schäden in Milliardenhöhe, die die Corona-Krise angerichtet habe. Im Jahr 2020 hatte die Bahn einen Rekordverlust von 5,7 Milliarden Euro eingefahren.

Die GDL sieht allerdings nicht ein, dass diejenigen, die aus ihrer Sicht den Laden während der Krise am Laufen halten - Lokführer und Zugbegleiter - nun auch finanziell zurückstecken sollen. Sie fordert unter anderem eine Lohnerhöhung von 4,8 Prozent rückwirkend zum 1. März sowie eine einmalige Corona-Prämie von 1300 Euro.

"Wir werden nicht zulassen, dass unsere Kollegen mit einem Sanierungstarifvertrag mit Reallohnverlust abgespeist werden und obendrein noch Abstriche bei ihrer Freizeitplanung im ohnehin unregelmäßigen Schichtdienst aufgeben müssen", hatte GDL-Chef Claus Weselsky schon vor einigen Wochen mitgeteilt. Schon öfter hat er betont, dass seine Gewerkschaft vor Warnstreiks nicht zurückschrecken werde.

Bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern dürften solche Aussagen durchwachsene Erinnerungen an das Jahr 2015 wecken. Damals zogen sich die Verhandlungen zwischen GDL und der Bahn über Monate. Immer wieder kam es aufgrund von mehrtägigen Streiks zu massiven Einschränkungen im Bahnverkehr. Allerdings sind derzeit ohnehin nur wenige Menschen mit dem Zug unterwegs. Und der im Februar ausgelaufene Tarifvertrag kam vor rund zweieinhalb Jahren sogar ganz ohne Streiks und Schlichtung zustande.

Doch in der Pandemie ist die Situation auf beiden Seiten verfahrener als damals. Die Bahn steckt derzeit in der größten Krise ihres Bestehens. Und die GDL sieht ihren Einfluss in den rund 300 Betrieben der Deutschen Bahn gefährdet. Grund dafür ist das sogenannte Tarifeinheitsgesetz, laut dem nur noch ein Tarifvertrag pro Betrieb zur Anwendung kommt, je nachdem, welche Gewerkschaft dort mehr Mitglieder hat.

In einem Großteil der Bahnbetriebe ist das die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Bislang war über einen Vertrag zwischen Bahn und GDL sichergestellt, dass auch deren Tarifverträge zur Anwendung kommen. Doch diese Vereinbarung lief Ende 2020 aus. Eine Anschlussregelung, an der nun auch die EVG beteiligt sein müsste, gibt es noch nicht. Deshalb setzt die Bahn nun das Gesetz um.

Die EVG hatte sich schon im September mit dem Konzern auf einen Abschluss geeinigt: Nach einer Nullrunde im laufenden Jahr erhalten die Beschäftigten ab 2022 1,5 Prozent mehr Geld. Dafür hat die Bahn eine Beschäftigungsgarantie ausgesprochen. Die GDL hat den Abschluss stets kritisiert. Nun will sie es besser machen./maa/DP/mis

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