Arbeitgebernahes Institut - Schuldenbremse lockern und langsamer tilgen

Reuters · Uhr

Berlin (Reuters) - Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rät der Bundesregierung angesichts hoher Corona-Schulden und notwendiger Investitionen zur Lockerung der Schuldenbremse.

"Es braucht zukunftsträchtige Investitionen, damit Deutschland die Corona-Schulden bewältigen kann", sagte IW-Direktor Michael Hüther am Dienstag zu der Studie seines Instituts. Schließlich seien nicht nur die Pandemie-Folgen zu meistern, sondern auch der wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturwandel. Um das hohe Investitionsdefizit zu decken, plädieren das IW für einen Deutschlandfonds von 450 Milliarden Euro über zehn Jahre. Zusätzlich würde eine moderate Lockerung der Schuldenbremse nötigen Spielraum schaffen. Die Bundesländer sollten sich um jährlich 0,15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verschulden dürfen. Das würde die europäischen Fiskalregeln nicht verletzen und den teils hoch verschuldeten Ländern etwas Luft zum Atmen geben.

Rund 650 Milliarden Euro neue Schulden werden Bund, Länder und Kommunen in den Jahren 2020 bis 2022 aufgenommen haben, so das IW. Ab 2023, wenn die Schuldenbremse wieder greift, wollen Bund und Länder einen Teil der neu aufgenommen Schulden tilgen. Wenn alle Corona-Schulden innerhalb von 20 Jahren wie geplant getilgt werden sollen, müsste der Staat jährlich 24 Milliarden Euro zurückzahlen – und dafür an anderer Stelle sparen. Anders wäre es nicht mit der Schuldenbremse in Einklang zu bringen. "Der aktuelle Tilgungsplan ist sehr sportlich, allerdings inkonsistent und führt zu unnötigen gesamtwirtschaftlichen Problemen", warnte Hüther.

Auch aus der Opposition kommen Stimmen, die für eine Lockerung der Schuldenbremse plädieren. "Die Bundesregierung wird immer mehr zum ideologischen Bremsklotz", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler. "Selbst die Arbeitgeber sind deutlich weiter als die dogmatische Union und fordern zurecht eine investitionsfreundliche Haushaltspolitik." Deutschland brauche nach Corona eine Reform der Schuldenregeln, um mehr Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung finanzieren zu können. Das helfe Wirtschaft, Menschen und Gesellschaft.

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