Böckler-Stiftung: Große SE-Unternehmen vermeiden häufig Mitbestimmung
DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Die Hans-Böckler-Stiftung hat bemängelt, dass die meisten großen deutschen Unternehmen der Rechtsform Europäische Aktiengesellschaft (SE) keine paritätische Mitbestimmung im Aufsichtsrat haben. Nur 21 der 107 großen SE mit mehr als 2000 Beschäftigten verfügten über Aufsichtsräte, in denen zur Hälfte Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten sitzen, berichtete die gewerkschaftsnahe Stiftung am Mittwoch in Düsseldorf. Wären sie Aktiengesellschaften nach deutschem Recht (AG), könnten Arbeitnehmer im Aufsichtsrat zahlenmäßig paritätisch mitentscheiden. Dies sei derzeit bei 211 deutschen Aktiengesellschaften mit mehr als 2000 Beschäftigten im Inland der Fall.
"Untersuchungen zeigen, dass mitbestimmte Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher sind und besser durch Wirtschaftskrisen oder Umbruchphasen kommen", erklärte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (IMU) der Stiftung, Daniel Hay.
Anders als bei den deutschen Mitbestimmungsgesetzen bleibe der zum Zeitpunkt der SE-Gründung festgeschriebene Mitbestimmungs-Status für immer bestehen, so die Stiftung. "Wachsende Unternehmen, die Arbeitnehmerbeteiligung verhindern wollen, firmieren deshalb häufig dann in eine SE um, wenn sie sich den einschlägigen "Schwellenwerten" bei den Beschäftigtenzahlen nähern."
Geschehe dies etwa bei bis zu 500 Beschäftigten im Unternehmen, wenn auch mit deutscher Rechtsform noch keinerlei Anspruch auf Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat bestehe, könne dieser Zustand dauerhaft festgeschrieben werden, egal, wie groß das Unternehmen später noch werde. Sebastian Sick vom IMU sieht in der Vermeidung von Mitbestimmung daher in den meisten Fällen auch den Hauptgrund für die Wahl der Rechtsform SE durch die Unternehmen.
SE steht für lateinisch "Societas Europaea", zu Deutsch: Europäische Gesellschaft beziehungsweise Aktiengesellschaft./tob/DP/ngu