Commerzbank: Großaktionär Cerberus äußert massive Kritik und fordert zwei Sitze im Aufsichtsrat – Die Anleger heißen das gut
Die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Commerzbank bekommt Insidern zufolge Ärger mit ihrem zweitgrößten Aktionär. Der seit Sommer 2017 an der Bank beteiligte US-Finanzinvestor Cerberus sei mit der Führung des Geldhauses sehr unzufrieden und wolle deshalb zwei Sitze im Aufsichtsrat, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwoch unter Berufung auf einen am Dienstag verschickten Brief des Investors an das Aufsichtsgremium der Bank. An der Börse wurde der Cerberus-Vorstoß goutiert. Die Aktie legte in den ersten Handelsminuten deutlich zu.
„Führung erkennt den Ernst der Lage nicht“
Cerberus zeigt sich in dem Brief „alarmiert, weil Management und Aufsichtsrat den Ernst der Lage nicht erkennen wollen“. Der Finanzinvestor schreibt von einem „jämmerlichen Versagen“ der Führung, angemessene Schritte zu unternehmen, um die Lage zu ändern. „Die prekäre Situation der Commerzbank erfordert jetzt schnelles und entschlossenes Handeln.“ Es sei an der Zeit, neue Ideen und Energie einzubringen, damit das Institut in eine bessere Zukunft gehen könne.
„Der Vorstand und die Aufsichtsräte haben es versäumt, wesentliche operative und technologische Maßnahmen umzusetzen“, monierte Cerberus. Das Institut habe „konstruktive Vorschläge“ ignoriert, die eine Wertsteigerung zur Folge gehabt hätten. In mehr als 70 Treffen mit dem Aufsichtsrat und Commerzbank-Chef Martin Zielke habe Cerberus Vorschläge gemacht, wie die künftige Strategie des Geldhauses aussehen könne. „Es ist offensichtlich, dass weder unsere Bedenken oder Anregungen noch die anderer Großaktionäre vom Management der Commerzbank berücksichtigt oder aufgegriffen wurden.“ Cerberus verlangt eine Antwort bis Freitag. Eine Commerzbank-Sprecherin wollte die Informationen nicht kommentieren.
Um künftig mehr Schlagkraft zu haben, will Cerberus nun zwei Sitze im Kontrollgremium der Bank einnehmen. „Dies wird helfen, die drängenden Herausforderungen anzugehen, vor denen das Unternehmen steht“, hieß es in dem Brief. Cerberus hatte im vergangenen Jahr die Pläne für eine Fusion mit der Deutschen Bank unterstützt. An ihr hält der Finanzinvestor gut drei Prozent. Das Vorhaben war gescheitert, nun versuchen beide Institute durch Umbaumaßnahmen wieder auf ein sicheres Fundament zu kommen.
Die Forderung des US-Investors könnte bereits bei der Aufsichtsratssitzung am kommenden Mittwoch Thema werden. Der Kurs der Commerzbank-Aktie ist seit dem Einstieg von Cerberus um fast 60 Prozent gefallen.
Der kritische Brief an den Vorstand kam im heutigen Handel jedoch gut an und hat die Aktie in der Spitze um 4 Prozent nach oben ziehen lassen. Der Kursanstieg dürfte aber auch ein Stück weit an einer Empfehlung des Bankhauses Metzler liegen. Das Kreditgeschäft wachse offenbar, schrieb Analyst Jochen Schmitt in seiner Studie. Zudem stiegen die Kundenzahlen weiter und bei der Tochter Comdirect scheinen die Kunden recht aktiv an der Börse zu handeln, was gut für die Provisionserträge sei. Daher hob Schmitt seinen Gewinnerwartungen an. Bei einem Kursziel von 5,90 Euro (zuvor: 5) rät er weiterhin zum Kauf der Papiere.
Werden nun Stühle gerückt?
Cerberus ist der Bloomberg-Datenbank zufolge mit rund 5 Prozent an der Commerzbank beteiligt und damit nach dem Staat, der knapp 16 Prozent hält, der zweitgrößte Aktionär. Weitere große Aktionäre sind die Fondsgesellschaft Blackrock mit gut drei Prozent sowie die Investmentgesellschaft Capital Group mit mehr als fünf Prozent.
Welche Vertreter Cerberus in den Aufsichtsrat der Bank entsenden will, blieb im Brief offen. Zwei jetzige Mitglieder müssten ihre Posten dafür räumen. Normalerweise werden Aufsichtsratsmitglieder von den Aktionären auf der Hauptversammlung gewählt. Die jüngste Veranstaltung dieser Art ist aber erst wenige Wochen her. Nun erhöht Cerberus den Druck. Man wolle zwar am liebsten konstruktiv mit der Bank zusammenarbeiten. Allerdings würden andere Anleger Bemühungen um deutliche Veränderungen in Vorstand, Aufsichtsrat und der Strategie der Bank stark unterstützen.
Sparmaßnahmen nicht weitreichend genug
Commerzbank-Chef Martin Zielke hatte seine neue Strategie im September vorgestellt. Dabei wurde der Abbau weiterer 2300 Stellen und die Schließung von jeder fünften von rund 1000 Filialen angekündigt. Dabei weichte er die Ziele für die Kostenquote der Bank und die Eigenkapitalrendite auf. Die Bundesregierung als größter Anteilseigner gab daraufhin ein Gutachten bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) in Auftrag.
Bloomberg zufolge empfahl die BCG darin noch deutlich drastischere Sparmaßnahmen, darunter eine noch deutlichere Verkleinerung des Filialnetzes. Die Kostensenkung sollte dadurch doppelt oder dreimal so hoch ausfallen wie vom Management vorgesehen. Im Februar kündigte Zielke an, die eigene Strategie noch einmal zu überarbeiten. Bei der Hauptversammlung Mitte Mai bekräftigte er, dass die Bank ihr „Kostenmanagement in diesem Jahr nochmals intensivieren“ werde. Die Bank will am 5. August bei der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen Details zu den geplanten weiteren Sparmaßnahmen vorstellen.
onvista/dpa-AFX/reuters
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