Der Zoff um Galactooligosaccharid und Lactobacillus fermentum hereditum
„Praebiotik® + Probiotik®“, „mit natürlichen Milchsäurekulturen“ und „zur Unterstützung der Darmflora“. Mit dieser Bezeichnung versieht der Babynahrungshersteller Hipp die Verpackung seiner Milchprodukte. In ihnen kreisen und drehen sich die beiden mysteriös klingenden Bakterien Galactooligosaccharide und Lactobacillus fermentum hereditum.
Klingt doch alles total gesund, oder? Und welche Mutter will schließlich nicht das Beste für ihr Kind? Doch das hat dem Rivalen Milupa aus dem Hause Danone überhaupt nicht gefallen. Er schickte seine Anwälte los und reichte Klage gegen Hipp ein. Das Ziel: Hipp soll den Hinweis nicht mehr benutzen dürfen. Denn, so heißt es in der Anklageschrift, die Bezeichnung sei überhaupt nicht nicht mit der europäischen „Health-Claim-Verordnung“ vereinbar. Milupa soll sogar geprüft haben, ob es eine Schadenersatzpflicht gibt. Diese Klage hatte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main zunächst abgewiesen.
Die Bezeichnung suggeriere noch keine gesundheitliche Wirkung und stelle als bloße Beschaffenheits- und Inhaltsstoffangabe keinen Verstoß gegen die Verordnung dar. Zwar sei die Formulierung „Praebiotik® zur Unterstützung der Darmflora“ eine gesundheitsbezogene Angabe. Sie dürfe aber nach der Übergangsregelung der Verordnung von Hipp noch verwendet werden. Inzwischen liegen die Akten beim Bundesgerichtshof (BGH) auf dem Tisch. Wann die Richter ihr Urteil verkünden, ist noch nicht bekannt.
Die „Health-Claim-Verordnung“ hat es in sich. Immer wieder schicken Nahrungsmittelkonzerne ihre Anwälte aufeinander los, wenn ein Konkurrent seine Produkte als gut für die Gesundheit bewirbt. Denn das ist nicht ohne Weiteres erlaubt. Nur wenn wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass die Angaben stimmen, dürfen die Verpackungen damit bedruckt und die Produkte so beworben werden. Bei einem mit Magnesium versehenen Lebensmittel dürfte man etwa damit werben, dass das Produkt Müdigkeit verringert. Verboten wäre dagegen der Slogan „reduziert Haarausfall.“
Die seit Januar 1997 geltende Verordnung wurde vor kurzem auch dem Allgäuer Yoghurthersteller Ehrmann und seinem Fruchtquark „Monsterbacke“ zum Verhängnis. Er hatte sein Produkt mit dem wohlklingenden Slogan „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ versehen. Prompt wurde Ehrmann verklagt. Der Vorwurf: Das positive Image von Milch werde einfach auf das Produkt übertragen, obwohl in dem Fruchtquark fast dreimal mehr Zucker steckt. Ein Urteil wird in den nächsten Monaten erwartet.
Immer wieder gibt es Krach, der für kilometerlange Aktenschränke bei den Gerichten sorgt. Daher hat die EU eine Liste mit Bezeichnungen erstellt, die gefahrlos verwendet werden dürfen. Doch was die Lebensmittelkonzerne daraus wiederum nun machen, gefällt Verbraucherschützern überhaupt nicht. Denn die Hersteller bedienen sich an den erlaubten Aussagen plötzlich ganz anders, als von der EU gedacht.
So reichern sie ihre Produkte einfach mit Vitaminen und Mineralstoffen an, um eine positive Aussage zur Gesundheit auf die Verpackung drucken zu dürfen. Ob dann trotzdem Fett und Zucker bis zum Abwinken enthalten sind, spielt keine Rolle mehr – das ist wohl kaum im Sinne der Erfinder.