Die überraschende Antwort darauf, was man während erhöhter Volatilität tun sollte

Bernd Schmid · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In den Medien kommen in den letzten Wochen gefühlt wieder vermehrt Crashpropheten zu Wort. Teilweise sehen diese sogar den Untergang des Finanz- und/oder Wirtschaftssystems vor uns. Und ein solches Szenario ist immer im Bereich des Möglichen - es liegt schon auch das eine oder andere im Argen, vor allem bei uns im Euroraum.

Ich glaube jedoch, dass man als Anleger besser beraten ist, davon auszugehen, dass wir Menschen auch in Zukunft Güter und Dienstleistungen nachfragen werden, die von großartigen Unternehmen und deren Mitarbeitern erzeugt werden können. Und eine Investition in diese Unternehmen zahlt sich für langfristig orientierte Anleger aus.

Trotzdem werden die Crashpropheten irgendwann einmal auch recht haben. Vielleicht sogar dieses Mal. Aber man kann es einfach nicht wissen, egal was andere Leute behaupten. Vor zwei Wochen habe ich daher darüber geschrieben, wie man sich auf einen Börsencrash vorbereiten sollte. Heute geht es darum, was man noch tun kann, um während erhöhter Volatilität keine falschen Entscheidungen zu treffen. Die Antwort können wir, wie so vieles, von Kindern lernen.

Die wenig kommentierte Erkenntnis aus dem Marshmallow-Test

Fast jeder kennt den berühmten Marshmallow-Test aus den späten 60ern und frühen 70ern. Man hat mit diesem herausgefunden, dass diejenigen Kinder umso erfolgreicher beziehungsweise besser gestellt in ihrem späteren Leben waren, als die Kinder, die darauf verzichten konnten, einen Marshmallow sofort zu verschlingen, im Austausch für zwei Marshmallows etwas später.

Einer meiner Ex-Kollegen, Morgan Housel, betont jedoch, dass der wichtige Teil des Tests oft übersehen wird. Denn die geduldigen Kinder haben es nicht durch ihren starken Willen geschafft, dem sofortigen Marshmallow zu widerstehen. Die meisten Kinder haben den ersten Marshmallow genommen, wenn sie einfach nur davor saßen und ihn anstarrten.

Die geduldigen Kinder haben das verhindert, indem sie sich einfach ablenkten. Sie haben sich zum Beispiel unter dem Schreibtisch versteckt oder ein Lied gesungen. Oder sie haben mit ihren Schuhen gespielt. Der Psychologe hinter dem Test, Walter Mischel, schrieb laut Morgan etwas später:

„Die höchste Korrelation mit der Länge der Verzögerungszeit bei Jugendlichen war die Fähigkeit, ihre Aufmerksamkeit zu steuern, wo sie diese während der Verzögerungsphase hinlenkten: Diejenigen, die ihre Aufmerksamkeit auf die Belohnungen richteten und damit das „heiße System“ stärker aktivierten, tendierten dazu, kürzer zu warten als diejenigen, die ihre Aufmerksamkeit auf andere Bereiche konzentrierten, und so das „kühle System“ aktivierten, indem sie sich von den „hot spots“ ablenkten.“

Beim Belohnungsaufschub (englisch: Delayed Gratification) geht es also nicht darum, den Versuchungen wie ein Held ins Auge zu sehen und mit allem Willen zu versuchen, nein zu sagen. Vielmehr geht es darum, sich gar nicht erst von den Versuchungen heimsuchen zu lassen.

Genau das sollte man als Anleger in volatilen Zeiten auch tun

Die Kunst, als Privatanleger am Aktienmarkt erfolgreich zu sein, ist, langfristig zu denken und zu handeln. Das wilde Auf und Ab wie derzeit an den Märkten macht den meisten dabei jedoch oft einen Strich durch die Rechnung. Selbst wenn man sich, wie in meinem vorletzten Artikel beschrieben, auf den Crash vorbereitet und einen Matchplan erstellt hat.

Das habe ich gerade wieder am eigenen Leib erfahren. Es erreichen gerade einige der Aktien auf meiner Beobachtungsliste einen Kursbereich, den ich für sehr attraktiv halte. So habe ich mich in den letzten Tagen beim Screenen der Aktienkurse (was ich aus beruflichen Gründen nicht immer vermeiden kann - zumindest ist es das, was ich mir sage) zum Schreiben von gleich drei Put-Optionen auf drei dieser Aktien verleiten lassen. (Wenn man eine Put-Option schreibt, dann verpflichtet man sich gegenüber einer anderen Partei, dieser eine vorgegebene Anzahl Aktien eines vorgegebenen Unternehmens zu einem vorgegebenen Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft abzukaufen, sollte diese Partei dies so wollen).

So komme ich eventuell noch günstiger an diese drei Aktien heran. Grundsätzlich steht das so auch in meinem „Schlachtplan“. Allerdings war dann doch nicht vorgesehen, so viel Cash auf einmal zu investieren. Genau diese Art von Entscheidungen, nämlich die emotional beziehungsweise zu kurz entschlossenen, sind es, die sich auf lange Sicht als schlecht herausstellen.

Um zurück zum Punkt zu kommen. Das aktuell schöne Wetter für einen Spaziergang zu nutzen oder etwas anderes, was einem Spaß macht, ist schlauer, als ständig auf die Kurstabellen zu schauen, um herauszufinden, welche Aktie gerade jetzt der beste Kauf sein könnte.

Wer also schon einen Plan für den nächsten Börsencrash hat (und natürlich auch für den gegenteiligen Fall, dass dieser erst einmal ausbleibt und es wieder in die andere Richtung geht!), der ist gut beraten, als nächstes alle Smartphone-Apps zu löschen und Fernsehsender zu meiden, die einem die täglichen Börsenkurse präsentieren.

Es reicht vollkommen, sich einmal in der Woche damit auseinanderzusetzen. Das macht nicht nur viel Platz für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, sondern wirkt sich auch noch langfristig positiv auf das finanzielle Wohl aus.

Foto: MaxxiGo / Shutterstock.com

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