Drei Fragen an Bernecker: Einschätzung zum Fed-Zinsentscheid, Rezessionsängste und Inflationsgefahr und wie wirkt sich der Handelsstreit auf die nächste Berichtssaison aus?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe fragen wir den Börsen-Altmeister natürlich nach seiner Einschätzung zum Fed-Zinsentscheid, wie er die Gefahr von Inflation und Deflation sieht, sowie angesichts der Fedex-Prognosekürzung den weiteren Auswirkungen des Handelsstreits.

onvista-Redaktion: Herr Bernecker, die Fed hat die Zinsen um 0,25 Prozent weiter gesenkt. Ist der Schritt für Sie überraschend und kann er der Wirtschaft überhaupt helfen?

0,0 % Dow-Reaktion auf 0,25 % Zinssenkung sind eine klare Reaktion des Marktes, die keiner Kommentierung bedarf. Die ergänzenden Erklärungen des Fed-Chefs besagen ebenfalls nichts. EZB und Fed haben damit ihr zinspolitisches Pulver verschossen. Beide aus einer nicht nötigen Position heraus, sondern vorgreifend, wie sie es nennen. Der Effekt für die Wirtschaft ist gleich null. Entscheidender ist, dass die Fed am Dienstag und Mittwoch mit über 120 Mrd. $ im kurzfristigen Geldmarkt eingreifen musste und dies als Notmaßnahme bezeichnet – erstmals seit 10 Jahren! Die Instabilität des kurzfristigen Kreditmarktes ist deshalb die Schwachstelle der kommenden vier bis fünf Wochen bis Ende Oktober. Dann beginnt das Gelddrucken und deren Wirkung auf die Aktienkurse.

onvista-Redaktion: Die Rezessionsängste werden immer größer. Dazu das Thema Inflation/Deflation. Die japanische Notenbank pumpt schon gefühlt seit Ewigkeiten Geld in den Markt. Wir beurteilen Sie die Lage?

Die Rezessionsängste werden größer, aber die Signale zeigen das Gegenteil. Die deutsche Inflationsrate stabilisiert sich auf einem Niveau oberhalb von 1,2 %, nunmehr seit mehreren Wochen. Die Interpretation dieses Sachverhaltes ergibt eine anziehende Inflation in Richtung Jahresende. Das gleiche Bild zeigen die Amerikaner. Für Japan gelten andere Konditionen, da die dortige Regierung eine grundsätzlich andere Politik verfolgt. Den ersten winzigen Ansatz für eine deutliche Trendwende lieferte am Dienstag die ZEW-Erwartung. Sie zeigt die gleiche Ausgangslage wie neben ifo und auch Einkaufsmanagerindex, ebenfalls vor 10 Jahren. Was zurzeit niemand glaubt: Es lohnt sich, um die Ecke zu schauen, also solche Signale statistisch richtig zu interpretieren. Sie lesen dies in der Actien-Börse der nächsten Woche. Kess formuliert: Wenn alle das Gleiche denken und voraussagen, trifft das Gegenteil zu.

onvista-Redaktion: Fedex hat die Zahlen für das dritte Quartal veröffentlicht. Es gab eine Prognosekürzung. Wird sich der Handelsstreit zwischen den USA und China jetzt deutlicher in der Berichtssaison bemerkbar machen?

Der Handelsstreit USA/China lässt sich mit keinem Deal lösen, sondern nur mit sehr vielen Verhandlungen über lange Zeit. Es gehört zur chinesischen Politik, Konflikte dieser Art mit großer Zähigkeit zu führen und keine schnellen Lösungen zu präferieren. Denn damit verliert man das Gesicht und die Glaubwürdigkeit im eigenen Land. Deshalb gibt es weniger Aufregungen, aber viele Kleinigkeiten von Störmanövern und Entlastungen, doch mit dem Ziel beider Partner: Sie wollen eine Lösung. Hier ist Geduld gefragt.

Die Fedex-Zahlen sind ein indirekter Beleg dafür. Die Umsätze im Kerngeschäft fallen nur geringfügig zurück. Der Gewinneinbruch resultiert aus den Integrationskosten von TNT Express, aber das kostete den Kurs schon mal 13 % Verlust. So entstehen die neuen Kaufebenen, nach rd. 20 % Korrektur vom Spitzenkurs gerechnet. Fälle wie diese gibt es in der nächsten Berichtssaison mehrfach.

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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