Große Wetten und starke Zahlen beflügeln Plattform-Aktien

Holger Schmidt · Uhr

Die Geschäftsmodelle der Plattformen funktionieren weiter hervorragend, wie die Quartalszahlen der vergangenen Woche gezeigt haben - auch wenn die ansonsten makellosen Bilanzen bei Apple und Amazon unter ganz irdischen Problemen (Lieferketten und Arbeitsmarkt) etwas gelitten haben. Dennoch haben die Plattformen ihr Investitionstempo noch einmal erhöht: Facebook baut sein Metaverse, Amazon immer mehr Logistikzentren und Alphabet den digitalen Autofahrer.

 

Entwicklung der Plattform-Aktien in der vergangenen Woche:

Microsoft-Aktie: + 7 Prozent

Microsoft führt nach sehr guten Quartalszahlen wieder die Rangliste der wertvollsten Unternehmen der Welt an, nachdem die Apple-Zahlen an der Börse nicht so gut ankamen. Das Cloud-Geschäft hat nach dem Corona-Booster die nächste Wachstumsstufe gezündet, denn viele Unternehmen verlagern weiterhin ihre Arbeit in die Cloud oder nutzen Datenanwendungen in Microsoft Azure. Die Preiserhöhung für die Office365-Software wird für weitere Umsatzzuwächse sorgen. Dass Microsoft erstmals in einem Quartal mehr als 20 Mrd. Dollar Net Income erzielt hat, sorgte zusätzlich für gute Stimmung bei den Anlegern.

Alphabet-Aktie: + 7 Prozent

Starkes Wachstum im Werbegeschäft haben der Alphabet-Aktie mächtig Schub gegeben. Die Angst, dass Apples Anti-Tracking-Initiative auch den Werbegiganten Google belastet, erwies sich als unbegründet. Lediglich bei der Video-Tochter Youtube zeigten sich leichte Bremsspuren. Die Cloud-Sparte legte 45 Prozent zu, konnte den Rückstand auf die Marktführer Amazon AWS und Microsoft Azure aber nicht verkleinern - trotz 644 Mio. Dollar Verlust. Aber Google Cloud sei eine langfristige Wette, betonte der CEO Sundar Pichai. Da die Profitabilität weiterhin exzellent ist, kann sich Alphabet auch leisten, 1,3 Mrd. Dollar in weitere Wetten wie Waymo zu stecken, obwohl der Umsatzbeitrag mit 182 Mio. Dollar bescheiden bleibt. Doch die Aussicht, mit Waymo schon bald den Autofahrer zu digitalisieren und damit die Mobilität zu revolutionieren, schafft beinahe unbegrenzte Wachstumsfantasien.

Amazon-Aktie: +1 Prozent

Die Amazon-Zahlen zeigen, dass auch der Online-Gigant unter den aktuellen Problemen der Weltwirtschaft leidet. Aufgrund der Engpässe in vielen Lieferketten ist der Umsatz im Handelsgeschäft im dritten Quartal erstmals gefallen und da Amazon im Moment wieder im Investitionsmodus ist - 8 der 10 größten Gewerbeimmobilienprojekte der USA entfallen aktuell auf Amazon -, wurde in der Sparte sogar ein Verlust eingefahren. Amazon-CEO Andy Jassy sagte, Amazon rechne auch im vierten Quartal mit zusätzlichen Kosten in Höhe von „mehreren Milliarden Dollar“, die auf Arbeitskräftemangel, höhere Personalkosten, Einschränkungen in der globalen Lieferkette und höhere Logistikkosten zurückzuführen seien. Obwohl die sonstigen Geschäfte wie AWS weiter im Wachstumsmodus sind, gab der Aktienkurs nach Verkündung der Zahlen etwa 4 Prozent nach, legte auf Wochensicht aber 1 Prozent zu.

LendingClub-Aktie: + 34 Prozent

Aufsteiger der Woche war wiederum die Kreditplattform LendingClub, die nach den Quartalszahlen um 34 Prozent zulegte. Die Turnaround-Story ist atemberaubend: Seit Jahresbeginn hat die Aktie 335 Prozent zugelegt, auf Jahresfrist sogar schon 884 Prozent.

Facebook-Aktie: +/- 0 Prozent

Die GAFAs gibt es nicht mehr, denn Facebook heißt nun offiziell Meta. Der neue Name soll den Aufbruch von Facebook in das Metaverse-Zeitalter dokumentieren (und wahrscheinlich auch einige Altlasten abwerfen). Auf jeden Fall ein wuchtiger Schritt, der das Internet von einer 2D-Welt auf Bildschirmen zu einer 3D-Plattform im virtuellen Raum verwandeln soll. Kommunikation, Spiele, Shopping, sogar berufliche Meetings sollen sich künftig im Metaverse abspielen, hofft Mark Zuckerberg, dessen Firma schon seit Jahren Milliarden in das Projekt investiert. Doch den Bau des Metaverse kann nicht einmal Facebook aus eigener Kraft schaffen. Daher ist das Projekt von Anfang an als offene Plattform konzipiert, in der Spieleentwickler oder die „Creator Economy“ eingebunden werden. In der Liste der „Big Bets“, der großen Wetten der digitalen Ökonomie, steht das Metaverse nun ziemlich weit oben. Die Quartalzahlen von Facebook gingen vor diesem Hintergrund beinahe unter. Facebook leidet ebenso wie Snap unter der Anti-Tracking-Initiative von Apple, allerdings weniger stark. Die Aktie gab zunächst nach, erholte sich nach der Metaverse-Ankündigung aber wieder und blieb in dieser Woche unverändert.

Pinterest-Aktie: – 23 Prozent

Der Freudensprung über das Übernahmeinteresse von PayPal währte nur kurz, denn PayPal hat - auch nach der negativen Marktreaktion - erst einmal Abstand von der Idee genommen. Auf dem Weg zur Super-App, die auch Online-Handel und Werbung umfasst, wird PayPal aber weiter Ausschau nach Kaufkandidaten halten müssen, denn der Aktienkurs benötigt neue Wachstumsfantasien. Pinterest ist wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen, sein E-Commerce-Geschäft aus eigener Kraft endlich anzukurbeln.

Alibaba: -7 Prozent

Die Hoffnung auf ein baldiges Ende der scharfen Regulierung in China hat in dieser Woche einen Dämpfer bekommen und chinesische Plattform-Aktien wieder auf Talfahrt geschickt. Alibaba kam mit 7 Prozent Verlust noch gut weg; die KE Holding (-27 Prozent) und Ping An Healthcare (-31 Prozent) erwischte es härter. Chinas State Administration for Market  Regulation (SAMR) hatte zuvor verkündet, von den Super-Plattformen wie Alibaba, Tencent oder Meituan mehr Engagement im Datenschutz, der guten Behandlung der Arbeitnehmer und für fairen Wettbewerb zu erwarten. Da nutzte es auch nichts, dass Alibaba-Gründer Jack Ma auf seiner ersten Auslandsreise seit einem Jahr gesichtet wurde, was als Zeichen der Entspannung im Streit mit der Regierung gewertet wurde. Wen es interessiert: Ma macht Urlaub in Spanien.

 

Meistgelesene Artikel