Handelsstreit: Spannungen zwischen China und den USA wachsen wieder – Ex-US-Handelsunterhändler: „Es droht ein neuer Kalter Krieg“

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Westliche Geheimdienste halten die Theorie von einem Laborunfall als Ursprung der Pandemie mit dem Coronavirus für „höchst unwahrscheinlich“. Der US-Nachrichtensender CNN zitierte am Dienstag drei Quellen, die anhand der Erkenntnisse der „Five Eyes“ genannten Geheimdienstallianz der USA mit Großbritannien, Australien, Kanada und Neuseeland entsprechenden Verdächtigungen von US-Präsident Donald Trump und zuletzt US-Außenminister Mike Pompeo über das neue Virus Sars-CoV-2 widersprachen.

„Es ist höchst wahrscheinlich, dass es auf natürliche Weise aufgetreten und die Infektionen von Menschen durch natürliche Interaktion zwischen Mensch und Tier erfolgt ist“, zitierte der Sender einen Diplomaten. Am Sonntag hatte Pompeo dem US-Sender ABC gesagt, es gebe „signifikante“ Belege, dass die Krise in einem Labor in der zentralchinesischen Stadt Wuhan ihren Anfang genommen habe.

Wissenschaftler und Geheimdienste einig

Der Nachrichtensender CNN zitierte eine weitere Quelle, dass diese Äußerungen weit über die gegenwärtige Einschätzung der „Five-Eyes“-Länder hinausgingen. Er wollte die Möglichkeit nicht ausschließen, sagte aber, dass noch nichts vorliege, dass die Theorie eines Laborunfalls berechtigen könnte. Auch China hatte die Theorie zurückgewiesen. Kommentare in chinesischen Staatsmedien sahen eine Strategie der US-Regierung, China die Schuld zuzuschieben, um von eigenen Versäumnissen in der Pandemie abzulenken.

Der prominente US-Regierungsberater und Immunologe Anthony Fauci glaubt auch nicht, dass das Virus künstlich erzeugt wurde. „Viele sehr qualifizierte Biologen haben gesagt, dass alles über die schrittweise Evolution mit der Zeit stark darauf hindeutet, dass es in der Natur entstanden ist und die Artengrenze überwunden hat“, sagte Fauci dem Magazin „National Geographic“. Er hält auch nicht viel von der Theorie, dass das Virus aus dem Labor entwichen sein und auf diese Weise seinen Weg zum Menschen gefunden haben könnte.

Ein Argument als Waffe im Handelskrieg

Nichts desto trotz hat Trump dieses Argument wiederholt gegen China vorgebracht und sogar mit neuen Zöllen gegen den wirtschaftlichen Widersacher gedroht. Die US-Wirtschaft leidet extrem unter dem Virus, mehr als 30 Millionen Amerikaner haben mittlerweile ihren Job verloren. Trump, der bisher die stark angezogene Wirtschaft und Rekordbeschäftigungszahlen als eines der Hauptargumente für seine erfolgreiche Präsidentschaft und angestrebte Wiederwahl hergenommen hat, will nun angesichts der desaströsen Lage einen Sündenbock suchen, um ein Umkippen der Wählerstimmen zu verhindern.

Der Handelskrieg zwischen China und den USA währt nun bereits zwei Jahre, in denen beide Parteien erhebliche Mengen zusätzlicher Zölle auf die Produkte des jeweils anderen auferlegt hatten. Dies geschah, nachdem die Trump-Regierung Chinas wirtschaftliche Praktiken ins Visier genommen hatte, unter anderem wegen mutmaßlichen Diebstahl von geistigem Eigentum und eine bevorzugende Politik gegenüber staatlichen Unternehmen. Übergeordnet geht es bei diesem Konflikt darum, wer in Zukunft an der globalen Spitze der wirtschafltichen Macht stehen soll. China hatte nach Jahrzehnten der Zurückhaltung in den letzten paar Jahren offiziell Bestrebungen verlautet, zu einem dominanten Marktteilnehmer in der globalen Wirtschaft werden zu wollen.

Die ausgebrochene Pandemie hat den Handelskrieg in den Hintergrund rücken lassen, doch beendet hat sie ihn keines Falls. In der jetzt vorherrschenden Situation nutzt Trump den Konflikt, um seine Wiederwahl zu erreichen, indem er China für sämtliche negativen Auswirkungen des Virus verantwortlich macht.

Beginn eines neuen Kalten Krieges

Laut Clete Willems, einem ehemaligen führenden Handelsunterhändler des Weißen Hauses, sind die derzeit wieder wachsenden Spannungen zwischen den beiden Ländern der Beginn eines neuen kalten Krieges. „Die Realität ist, dass die Spannungen zwischen den USA und China derzeit erheblich zunehmen“, sagte Willems, ehemaliger stellvertretender Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats, gegenüber dem US-Nachrichtendienst CNBC.

„Ich weiß, dass die Leute sich mit der Terminologie unwohl fühlen, aber ich denke, wir müssen ehrlich sein und das so nennen, wie es ist – dies ist der Beginn eines neuen Kalten Krieges, und wenn wir nicht aufpassen, könnten die Dinge viel, viel schlimmer werden.“

Der Experte führt zudem an, dass die USA weitere Maßnahmen abseits von neuen Zöllen prüfen, die seiner Meinung nach ohnehin wenig zielführend wären. Das könnten Untersuchungen über den Ursprung des Virus sein und ob China tatsächlich vesucht hat, den Ausburch zu vertuschen, sei es nun natürlichen oder künstlichen Ursprungs. „Ich denke wirklich, dass es im Interesse Chinas wäre, diesen Druck zu verringern und sich zu internationalen Ermittlungen zu verpflichten“, so Willems.

onvista-Redaktion/dpa-AFX

Titelfoto: Tomasz Makowski / Shutterstock.com

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