Ifo-Chef Fuest für Reform des Ehegattensplittings

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Berlin (Reuters) - Ifo-Präsident Clemens Fuest schlägt eine Reform des umstrittenen Ehegattensplittings vor.

"Aus ökonomischer Sicht setzt das Ehegattensplitting für die Zweitverdiener, in der Regel Frauen, starke Anreize, nicht erwerbstätig zu sein oder allenfalls eine Teilzeitstelle anzunehmen – und sich stattdessen auf Haushaltsarbeit und Kindererziehung zu konzentrieren", sagte der Chef des Münchener Wirtschaftsforschungsinstituts am Donnerstag. "Ein Systemschwenk auf Modelle wie das Realsplitting könne Impulse für eine höhere Erwerbsbeteiligung der Zweitverdiener setzen." Belastungen für Ehen ließen sich durch Übergangslösungen begrenzen. SPD und Grüne wollen das Ehegattensplitting abschaffen, während die Union daran festhält.

Das Familienbild sei heute vielfältiger als die traditionelle Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau mit dem Mann als Alleinverdiener, begründete Fuest seinen Vorstoß. "Die Gleichberechtigung von Frauen, ein grundlegendes gesellschaftliches Anliegen, hat viel mit Erwerbstätigkeit und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu tun." Um die Frauenerwerbstätigkeit zu erhöhen, könnte die Steuerpolitik allerdings nur einer von mehreren Pfeilern sein. "Es ist ein Maßnahmenbündel erforderlich, das die Kinderbetreuung weiter ausbaut sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stark verbessert", sagte der Ökonom.

Das sogenannte Realsplitting besteuert die Ehepartner im Prinzip unabhängig voneinander. Allerdings kann der Erstverdiener steuerlich einen gewissen Betrag auf den Zweitverdiener übertragen. Das sei sinnvoll, weil die Ehepartner gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet seien, sagte Fuest. Die Arbeitsanreize für den Zweitverdiener werden demnach beim Realsplitting nicht so stark eingeschränkt wie beim Ehegattensplitting. Die Steuerlast des Zweitverdieners sei auch beim Realsplitting vom ersten Euro an positiv, weil der übertragene Einkommensbetrag bereits steuerpflichtig sei. Deshalb seien die Beschäftigungseffekte positiv, aber letztlich überschaubar. Vorliegende Schätzungen würden von rund 50.000 zusätzlichen Vollzeitstellen sprechen.

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