Kreditfluss an Firmen im Euro-Raum verliert an Schwung
Frankfurt (Reuters) - Das Wachstum bei den Firmenkrediten im Euro-Raum hat sich zu Beginn des zweiten Quartals erheblich abgeschwächt.
Banken vergaben in April 3,2 Prozent mehr Darlehen an Unternehmen als im Vorjahr, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag in Frankfurt mitteilte. Das ist das schwächste Wachstum seit 14 Monaten. Noch im März hatte das Plus bei 5,3 Prozent gelegen. Bei den Zahlen muss allerdings beachtet werden, dass die Vergleichsbasis den Pandemie-Beginn in Europa im Frühjahr 2020 erfasst. Denn damals hatten sich Firmen besonders stark mit Krediten eingedeckt, um im Zuge des wirtschaftlichen Einbruchs nicht in Liquiditätsschwierigkeiten zu geraten.
Neben diesem Effekt spielen laut KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib aber auch schärfere Kredivergabe-Bedingungen der Banken sowie die Auszahlung staatlicher Finanzhilfen eine Rolle. "Darüber hinaus könnte die Verlangsamung der Kreditvergabe an Unternehmen auch die geringere Bereitschaft der Unternehmen widerspiegeln, in Anlagekapital zu investieren, solange die Unsicherheit über den Zeitpunkt und das Tempo der wirtschaftlichen Erholung anhält", meint die Expertin.
Die Europäische Zentralbank (EZB) betreibt derzeit eine Politik der weitoffenen Geldschleusen, um die Wirtschaft in der Corona-Krise zu stützen. Zuletzt erhöhte sie das monatliche Tempo ihrer Notfall-Anleihenkäufe des billionenschweren Kaufprogramms PEPP deutlich. Damit will sie erreichen, dass die Finanzierungskosten für Unternehmen, Staaten und Haushalte günstig bleiben, solange die Krise noch nicht überwunden ist.
An die Privathaushalte reichten die Geldhäuser im April 3,8 Prozent mehr Darlehen aus als ein Jahr zuvor. Im März hatte der Zuwachs 3,3 Prozent betragen. Die Geldmenge M3 nahm im April um 9,2 Prozent zu, nach 10,0 Prozent im März. Volkswirte hatten ein Plus von 9,5 Prozent erwartet. Zu M3 gehören unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten und Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen.
Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer erwartet, dass sich der Rückgang des Geldmengenwachstums noch einige Monate fortsetzen wird. Das sei aber eine trügerische Ruhe. "Denn die Geldmenge M3 sollte in den kommenden Jahren weiter stärker steigen als die fünf Prozent, die langfristig in Einklang mit einer Inflation von zwei Prozent stehen", meint der Experte. Ein echtes Inflationsproblem sieht Krämer für 2021 und 2022 aber noch nicht. Auf mittlere bis lange Sicht gilt die Geldmenge als Indikator für die Entwicklung der Inflation.