Kurse befeuern – den Dax knacken

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Dax am Montag gelassen, gestern hurra, heute unsicher - das macht den Tradern vielleicht Spaß, aber nur denen. Ich will mal wieder ein paar Takte zur sprachlichen Entwicklung loswerden und für ein paar Minuten nicht an den Terror und seine Folgen denken. Okay, ich selbst hab mir eine mitunter ziemlich schnoddrige Sprache bewahrt. Bis ins hohe Alter. Dabei übernehme ich schon mal angesagte Wörter von den Jungen. Weil ich mit den denen oft diskutiere. Was mir voll auf den Keks geht, ist aber ansteckende Einsatz von Begriffen durch Typen, die cool und originell auftreten wollen, offenbar aber nicht bemerken, dass sie einfach Wortmodisches übernehmen - gut zu beobachten bei TV-Kommentatoren oder Zeitungsschreiberlingen. Längst hat das auch auf die Berichte von den Finanzmärkten übergegriffen, deren Urproblem eigentlich die Anglizismen sind.

Durch die explosionsartige Vermehrung der Anlageinstrumente - speziell bei Fonds, Derivaten und Zertifikaten - müssen die Anleger inzwischen immer neue Varianten von Sprachmonstern verdauen. Beispiel (aus einer Pressemitteilung): „Amundi ETF listet den Amundi ETF MSCI Europe Buyback UCITS ETF auf Xetra und baut damit sein Smart-Beta-Aktienangebot in Deutschland weiter aus.“ Jo, da weiß doch jeder gleich Bescheid. Nur ironisch lassen sich auch deutschsprachige Zusammenfassungen von Analysen kommentieren, mit denen dem Anleger präzise gesagt wird, wo’s lang geht: „Manche Aktienmärkte sind fair bewertet, andere bieten weiterhin ein attraktives Potenzial.“ Das hilft doch bei der Asset Allocation, oder?

Nee, jetzt mal im ernst. Wieso finden die Börsenberichterstatter es so geil, das „Knacken“ von runden Indexmarken anzukündigen (einschließlich des Scheiterns oder der Erfolgsmeldung)? Jetzt, bei 11.000, ist es wieder mal soweit. Aber machen die sich die Knacker auch Gedanken, was „knacken“ eigentlich bedeutet? Mehrmals eine Nuss knacken geht jedenfalls schon gar nicht.

Dass deutsches Wortgut wie „unsicher“ und „abwarten“ inflationär benutzt wird, hat mich schon vor Jahren geärgert. Denn Börsen sind grundsätzlich irgendwie unsicher, sonst würden sich alle Anleger ja gleich verhalten, kämen keine Umsätze zustande. Und manchmal hat man den Eindruck, als würde der Bösenhandel unterbrochen, weil die Akteure auf irgendwas „warten“ (Notenbankäußerungen, Konjunkturindikatoren etc.). Interessant auch, wie alte Begriffe aus der Kiste geholt und wiederbelebt werden: „befeuern“ ist einer, „geschuldet“ ein anderer.

„Überschaubare“ Schilderungen, ja, und sie sind nachvollziehbar - „am Ende des Tages“. Übrigens: TV-Sportreporter beschäftigen sich offenbar zunehmend auch mit Aktien, denn bei auffallend offensiver Spielweise einer Mannschaft hört man immer wieder Sätze wie „… sie stehen heute erstaunlich hoch“. Und der Dax? Der wird die 11.000 bald hinter sich lassen und neue Hochs anpeilen.

Post an den Börsenfuchs: boersenfuchs@onvista.de

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