Kursfantasie von West nach Ost

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Die Anlageprofis behalten zwei Aktiengruppen genau im Blick: Technologiewerte (meist Amis) und Aktien der asiatischen Schwellenländer. Die einen beeinflussen die Marktstimmung wegen ihrer Größe nicht nur an der Wall Street und legen gerade frische Ertragszahlen vor, die anderen gelten als besonders spannende Region und sind noch nicht so noch bewertet wie westliche Börsen.

Herausragend sind, wie Ihr wisst, Alphabet, Amazon, Apple, Facebook und Microsoft: Die Marktkapitalisierung dieser „Big Five“ ist etwa 2,5 Mal so hoch wie die des Dax. Außerdem stehen die fünf Tech-Riesen stehen nicht nur für rund ein Fünftel der Marktkapitalisierung des S&P 500; sie besitzen auch Signalwirkung für Zulieferer und Konkurrenten aus China, Taiwan oder Südkorea, die an den dortigen Märkten großes Gewicht haben. Nach Facebook und Microsoft am Mittwoch haben gestern auch Amazon und Apple mit ihren Quartalszahlen die Markterwartungen übertroffen, freuen sich die Strategen der Deutschen Bank. Als einziger der Big Five verfehlte die Google-Mutter Alphabet die Analystenschätzungen

Die neuen Wachstumsmärkte, insbesondere die in Fern- und Südost, stehen seit ein paar Monaten auf fast allen Einkaufszetteln internationaler Investoren. Dazu passt eine neue Statistik: Schwellenländer-Fonds erleben die größten Zuflüsse seit 2010. In den letzten drei Wochen stieg ihr verwaltetes Vermögen um 2,5 Prozent. Das liegt nicht nur an den vergleichsweise günstigen Aktienbewertungen. Die Schwellenländer profitieren vom weltweit synchronen Wirtschaftsaufschwung. Die Zuflüsse stärken tendenziell auch die Währungen der Schwellenländer, wo ein schwächerer US-Dollar Investitionen anregt - wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich gerade gezeigt hat. Schreibt Deutsche-Bank-Chefstratege Ulrich Stephan: „Trotz der Risiken durch einen zu raschen Zinsanstieg oder ein Wiedererstarken des Greenbacks sehe ich daher Potenzial.“

Londoner Fondsmanager wollen in einer aktuellen Studie Anlageinteresse speziell für Vietnam und Kambodscha wecken. Für viele Anleger zeichnen sich solche Grenzmärkte („Frontier Markets“) vor allem durch Unsicherheit, instabile Regierungen, volatile Währungen und fragwürdige Corporate-Governance-Praktiken aus. Das kann man inzwischen aber auch anders sehen. Vietnam und Kambodscha beispielsweise gelten als Märkte, die in den letzten 50 Jahre weitestgehend von Auslandsinvestitionen und dem Außenhandel abgeschottet waren. Deshalb hinken sie gegenüber vergleichbaren Ländern der Region in ihrer Entwicklung hinterher. Beide Länder führen jedoch gerade Reformen durch und schaffen dabei Möglichkeiten für Unternehmen, die sich anpassen und von Veränderungen profitieren können, schreiben die Fondsmanager der Londoner Jupiter.

Vietnam ist auf dem Weg zu einer zunehmend marktorientierten Wirtschaft - zwar in seiner politischen Struktur immer noch ein kommunistischer Einparteienstaat, doch dürften die Tage der Planwirtschaft inzwischen gezählt sein. Es existiert mittlerweile eine prall gefüllte IPO-Pipeline mit Staatsunternehmen, die sehr an ausländischem Kapital interessiert sind, und unter den bereits börsennotierten Unternehmen gibt es einige, die sich gegenüber den zuständigen Ministerien leidenschaftlich für mehr Autonomie einsetzen. Die Beteiligung ausländischer Anleger am Aktienmarkt wird seit jeher durch Obergrenzen beschränkt, um den Auslandsbesitz zu kontrollieren. Die Politik ist inzwischen aber so weit, dass sie die Besitzgrenzen für Ausländer langsam anhebt, bei einigen Unternehmen wurden diese Beschränkungen bereits ganz abgeschafft. Mit dem besseren Marktzugang steigen auch Vietnams Chancen, den Sprung vom „Frontier Market“ zum „Emerging Market“ zu schaffen.

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