Nach der Fed ist vor der EZB ++ Gerry Weber geht am Stock ++ Comcast fährt Disney in die Parade

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die US-Notenbank erhöht den Leitzins und will die Geldpolitik weiter straffen. Für den weiteren Jahresverlauf wurden zwei weitere Zinsanhebungen signalisiert. Damit wären es 2018 insgesamt vier, eine mehr als bislang in Aussicht gestellt worden war. „Die US-Wirtschaft ist in großartiger Verfassung“, begründete Fed-Chef Jerome Powell d Anziehen der Zügel. Er verwies insbesondere auf die gute Lage am Arbeitsmarkt und das starke Wachstum. Hier hob die Notenbank auch ihre Prognosen für das laufende Jahr etwas an.

„Die Fed handelt, wie jede verantwortungsvolle Zentralbank bei steigender Überhitzungsgefahr handeln muss“, kommentierte Ökonom Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung die Entscheidungen der Notenbank. Die Zinserhöhungen seien auch eine Antwort auf die Politik von US-Präsident Donald Trump, der den Boom mit massiven Steuersenkungen befeuere. „Hinzu kommt die Absage an offene Märkte“, die zu steigenden Importpreisen führe. All dies werde die Fed künftig zu weiteren Zinserhöhungen zwingen.

Zu den Handelskonflikten, die Amerika unter Präsident Trump mit seinen Partnern hat, wollte sich Powell nicht konkret äußern. Die Handelspolitik sei nicht Sache der Notenbank. Der Fed-Chef sagte dann aber doch noch, dass die Sorgen in der Wirtschaft offenbar zunehmen würden. „Derzeit sehen wir davon aber überhaupt nichts in den Daten.“ Der Zinsentscheid fiel einstimmig und war vom Markt so erwartet worden. So hoch waren die US-Zinsen zuletzt 2008, bevor die Finanzkrise begann.

Heute rückt die Europäische Zentralbank in den Fokus. Die Euro-Währungshüter verkünden die Ergebnisse ihrer jüngsten Beratungen. Ausnahmsweise tagt der EZB-Rat nicht am Sitz der Zentralbank in Frankfurt, sondern in der lettischen Hauptstadt Riga. Die Erwartungen sind groß: Anleger und Sparer hoffen auf konkrete Hinweise, wann die Geldflut im Euroraum endet.

EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hatte in der vergangenen Woche eine baldige Entscheidung über die Zukunft des Anleihenkaufprogramms angedeutet. Der EZB-Rat werde bei seiner Sitzung in Riga „prüfen müssen, ob die bisherigen Fortschritte ausreichen, um unsere Anleihenkäufe schrittweise zurückzufahren“, hatte Praet gesagt.

Aktuell kauft die EZB pro Monat Staats- und Unternehmensanleihen im Wert von 30 Milliarden Euro. Damit will sie die Konjunktur stützen und die Inflation, die zeitweise bedenklich niedrig war, anheizen. Seit Beginn des Programms im März 2015 hat die Notenbank Wertpapiere im Gesamtwert von gut 2,4 Billionen Euro erworben. Die Käufe laufen nach bisheriger Planung bis mindestens Ende September 2018. Die Experten rechnen nicht damit, dass die EZB schon vorher von ihrer Null-Zins-Politik abrückt.

Dem DAX schmeckt die Straffung der Zinsen durch die Fed überhaupt nicht. Er startet deutlich im Minus in den Handelstag. Setzt die EZB jetzt noch eins obendrauf, dann könnte es kein schöner Tag für den deutschen Leitindex werden. Einen großartigen Kurswechsel oder ein Anziehen der Zinszügel dürfte Mario Draghi heute nicht verkünden. Daher wird die EZB wohl kein weiteres Öl ins Feuer gießen.

Gerry Weber: Von wegen Turn around

Die Aktien von Gerry Weber setzen nach einer Gewinnwarnung ihre Talfahrt fort. Wegen eines herben Umsatz- und Gewinnrückgangs im abgelaufenen Quartal hat der einst im SDAX notierte Modekonzern seine Jahresziele gekappt. Die Papiere, die bereits am Mittwoch auf den tiefsten Stand seit März 2009 gesunken waren, stehen heute zum Handelsstart weiter unter Druck.

Als ein Grund für die schlechteren Geschäftsaussichten nannte das Unternehmen Belastungen durch den bereits vor Monaten angekündigten und nun beschlossenen Konzernumbau. Zudem würden Umsätze ins kommende Geschäftsjahr verschoben und das Retail-Segment bleibe leicht hinter den Erwartungen zurück. In den kommenden drei bis fünf Jahren will Gerry Weber seine Umsätze wieder deutlich steigern. Diese Aussichten können die Anleger heute auch nicht überzeugen. Das Vertrauen in die Aktie schwindet heute deutlich.

Disney: Comcast gibt nicht auf

Der US-Kabelkonzern Comcast hat eine verbesserte Offerte für große Teile von 21st Century Fox abgegeben und damit einen möglichen Bieterkampf mit dem Unterhaltungsriesen Disney eröffnet. Das neue Angebot beträgt 35 Dollar je Fox-Aktie, wie Comcast am Mittwoch nach US-Börsenschluss mitteilte. Damit würde sich eine Gesamtbewertung von rund 65 Milliarden Dollar ergeben.

Eigentlich hatte sich Disney schon mit Fox auf einen Kaufpreis von 52 Milliarden Dollar geeinigt. Dafür sollte der Großteil des Film- und Fernsehgeschäfts des Murdoch-Konzerns den Besitzer wechseln. Der Medienmogul will nur sein Nachrichten-Flaggschiff Fox News und den größten Sportsender behalten, beide sollen vom Rest des Unternehmens in eine neue Gesellschaft abgespalten werden.

Fox teilte nach Veröffentlichung der Offerte mit, zwar weiter an die Fusionsvereinbarung mit Disney gebunden zu bleiben, das „unerbetene“ Angebot von Comcast aber dennoch sorgfältig prüfen zu wollen. Es sei bislang noch keine Entscheidung gefallen, ob ein für den 10. Juli angesetztes außerordentliches Aktionärstreffen verschoben werde, bei dem über den Deal mit Disney abgestimmt werden soll.

Comcast wirbt jetzt bei Murdoch und den Fox-Aktionären mit einem etwa 19 Prozent höheren Angebot als Disney und will zudem, anders als der Micky-Maus-Konzern, komplett bar bezahlen. Nun wird mit Spannung erwartet, wie Disney und Fox reagieren. Der Hollywood-Riese will mit der Übernahme eigentlich die Weichen für einen Vorstoß in den boomenden Video-Streaming-Markt stellen.

Kurz und knapp:

Vonovia: Die Aktien des Immobilienkonzerns müssen sich mit einem kritischen Bericht des „Spiegel“ auseinandersetzen. Das Magazin warf in dem Artikel Fragen über die Höhe der Nebenkosten, die Umlegung von Modernisierungskosten und die Höhe der Mieten auf. Auch wenn alles sehr vage und schwer einzuschätzen sei, dürfte das die Stimmung der Anleger zumindest vorübergehend belasten, sagte ein Händler.

Wirecard: Kein Tag ohne Nachricht. Der Bezahldienstleister erweitert seine bestehende digitale Payment- und Bankingplattform um die Supply Chain-Payment-Lösung auf Basis der Blockchain-Technologie. Der Prototyp konzentriert sich auf die Verknüpfung von Händlern und Produzenten, sie erfasst alle Geschäftsprozesse fälschungssicher in sogenannten „Smart Contracts“ – digitale Verträge auf Basis von Blockchain-Technologie – und wickelt die Zahlungen ab. So sind alle Schritte der Handelskette, von der Vertragsgestaltung über die Sicherung der Qualität bis zur Garantie der Herkunft, in einer dezentralen Datenbank abgebildet.

Grenke: Das Leasing-Unternehmen hat eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen mit einem Emissionsvolumen in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre beschlossen. Die neuen Aktien sollen ausschließlich institutionellen Investoren im Rahmen einer Privatplatzierung im Wege eines beschleunigten Platzierungsverfahrens angeboten werden. Das frische Kapital soll für weiteres Wachstum in den Kernmärkten sorgen.

Von Markus Weingran

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