onvista-Börsenfuchs: Die Propheten sind auch nach Draghi nicht klüger

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr

Hallo Leute! Achtet mal drauf, wie gut (= genau) die Wettervorhersagen geworden sind. Das war vor ein paar Jahrzehnten ganz anders. Heute wird unser Land in der mehrtägigen Vorschau von den TV-Wetterfröschen sogar in mindestens drei Gebiete mit unterschiedlichen Temperaturen und Niederschlägen unterteilt - und meistens stimmt das auch. Respekt! Auch als Anleger brauchen Profis und Private laufend Analysen, Meinungen und Prognosen. Aber taugen die auch was? So genau wie die Wettervorhersagen können sie nicht sein, wichtig sind sie trotzdem. Und: Es wäre auch eine grandiose Fehleinschätzung, würde man die Arbeit der Analysten und Volkswirte nur mit „Blick durch die Glaskugel“ abtun.

Nach den gestrigen EZB-Beschlüssen versuche ich mal, die Spontankommentare aus unserer Finanzindustrie kurz zusammenzufassen. Dabei spielt der Zeitfaktor eine nicht ganz unwichtige Rolle. Als Beispiel die klare Wertung des Schlussakkords von Mario Draghi durch einen Frankfurter Verhaltensforscher: „Eine Entscheidung für die Ewigkeit.“ Und dann ein bekannter Vergleich: „Wer jetzt noch meint, Anlagen in Geld und Anleihen seien eine vernünftige Anlage für die nächsten Jahre, der glaubt auch, dass die Störche die Kinder bringen.“ Netter Vergleich und nachvollziehbar. Aber sooo langfristig sollte man sich nicht festlegen - heutzutage kann sich das Bild über Nacht verändern.

Was sagen Euch die Experten und „Experten“ zu den EZB-Maßnahmen? Die Meinungspalette ist total breit, eigentlich wie gehabt. Denn die einen sind (vielleicht zähneknirschend) der Meinung, Draghi habe das getan, was er tun musste. Und er habe zu Recht nachdrücklich an den Fiskus appelliert, dass der jetzt dran sei. Außerdem sind die Maßnahmen für die Börsen keine Überraschung. Andere Fachleute schimpfen laut und beschreiben schlimme Folgen nicht nur für die Banken. Dritte versuchen abzuwägen: Die stetige Abschwächung der Weltwirtschaft hat sich im August fortgesetzt. Auf Dreimonatssicht verschlechterten sich die Makrodaten in allen großen Industrie- und Schwellenländern und waren auf globaler Ebene in 17 der letzten 19 Monate rückläufig. Das heißt: Für sich genommen kein Grund für überschäumenden Enthusiasmus. Für eine anhaltend aufgehellte Börsenstimmung werde entscheidend sein, ob den Notenbankern und Finanzministern eine (seltene) „weiche Landung“ des alternden globalen Konjunkturzyklus gelingt, mit der die Grundlage für einen erneuten Aufschwung gelegt werden könnte. Fazit: „Die hohen Markterwartungen an die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger bergen ein gewisses Enttäuschungspotenzial.“  Das sehe ich auch so.

Schließlich gehen die Mutigen Propheten soweit, wegen der kommenden Rezession vor schwächeren Börsen zu warnen oder andererseits - weil man keine längere Rezession sieht - eine Fortsetzung des Aktienaufschwungs vorherzusagen. Letztlich müsst Ihr Euch selbst entscheiden, meine Freunde. Meine aktuelle, unveränderte Vorsicht kennt Ihr ja.

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