onvista-Börsenfuchs: Wenn das Besondere alltäglich wird

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr

Hallo Leute! Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Anleger den Kopf schütteln, weil sie das verrückte Jo-Jo der Aktienkurse in jüngster Zeit nicht nachvollziehen können. Mein (vielleicht zu schwacher) Trost: Es gibt immer wieder mal Entwicklungen an den Börsen - aber auch an anderen Märkten -, die nicht jeder gleich verstehen kann. Manchmal werden sogar die Profis verblüfft. Manchmal sind neue Entwicklungen sogar Futter für Systemkritiker, die dann Gesetzgeber und Aufsichtsorgane auffordern, möglichst schnell aktiv zu werden. Das Besondere am Besonderen kann nämlich sein, dass solche Randerscheinungen auf einen ganz Markt ausstrahlen.

In den vergangenen Tagen haben nicht nur Virus- und Konjunkturzahlen, nicht nur Geld- und Fiskalpolitik das Kursgeschehen bewegt. Auch andere Kräfte wirken sich momentan teil- und zeitweise aus. Vereinfacht: gezieltes, kurzfristiges Zocken von Profis und Privaten an der Wall Street. Mark Dowding von BlueBay Asset Management beschreibt das so: Der leichte Kursrutsch bei Aktien scheint zum Teil mit Verkäufen von Hedgefonds zu tun zu haben, die im Ringen mit Hobbyaktionären in die Enge getrieben werden. Hedgefonds mögen sich über diese von Raubtieren inspirierte Taktik der geballten Attacke beschweren, aber der Erfolg der Anleger in GameStop & Co. könnte dazu führen, dass Hedgefonds, die zunehmend riesigen Verlusten ausgesetzt sind, die Tragfähigkeit ihrer Anlagestrategien überdenken

Wenn allerdings dieser Herdentrieb Schule macht und dazu führt, dass Risikoprämien obsolet werden, könnte eine neue Bedrohungslage für die Finanzstabilität entstehen. Die Zentralbanken müssten dann unter Umständen reagieren. Der Blick auf den amerikanischen Volatilitätsindex Vix, der auf über 30 Punkte geklettert ist, zeigt jedoch, dass die Marktteilnehmer dem derzeitigen Geschehen eine gesunde Portion Skepsis entgegenbringen und dem instinktiven Wunsch folgen, sich nach unten abzusichern. Meint der Profi: Es gibt also keine Anzeichen, dass die Gier auch am breiten Markt außer Kontrolle gerät.

Deutsche Banker weisen heute auf einen anderen Boom hin: Börsengänge von Akquisitionszweckunternehmen (engl. „Special Purpose Acquisition Company“, Spac) sind bei uns selten, doch in Ami-Land strömen Spacs derzeit in Massen an die Wall Street. Es handelt es sich um börsengelistete Mantelgesellschaften ohne eigenes Geschäft, die das eingesammelte Kapital zur Übernahme nicht gelisteter Unternehmen verwenden. Allein in den ersten drei Handelswochen des Jahres haben 56 Spacs rund 16 Milliarden Dollar an Ami-Börsen eingesammelt; 2020 standen Spacs für zwei Drittel der US-Börsengänge. Mitverantwortlich dafür, dass gerade jetzt so viele Spacs den Schritt an die Börse wagen, ist neben der Liquiditätsschwemme der Märkte auch das gestiegene Interesse von Kleinanlegern.

Manchmal sind also auch private Spekulanten mitschuldig für Börsenentwicklungen, bei denen das Besondere zur Normalität wird. Es hat immer Blasen an den Finanzmärkten gegeben (denkt nur an den im März 2000 geplatzten Aktienhype,

auch Dot.Com-Blase genannt) und es wird sie immer geben - genau wie Menschen, die darauf aus sind, schnell reich zu werden.

Bleibt gesund und vorsichtig-optimistisch, aber auch geduldig, Leute!

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