onvista-Börsenfuchs: Wenn der Preis heiß wird – was steckt dahinter?

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Die Schlagzeilen der Börsenjournalisten sind kein Wunder, aber das Thema ist schon irgendwie irre: Der Boom bei den Hightech-Aktien. Die Preise sind längst (glühend) heiß und setzen an der Nasdaq neue Maßstäbe. Kann man sich da nicht leicht die Finger verbrennen? Das erinnert doch an unseren Neuen Markt Ende der 1990er Jahre, der dann im März 2000 implodierte. Erinnern schon, aber die Grundlagen sind heute ganz anders.

Zu den fantastischen „fundamentalen“ Entwicklungen der globalen Techs, denen die Politik (auch unsere) ans Leder will, weil sie total übermächtig geworden sind, erinnern mich diese Börsenfavoriten auch an ein andere Phänomen, das in der breiten Anlegeröffentlichkeit voll unterbelichtet ist: die Eigendynamik von Märkten, der Herdentrieb. Dazu eine ältere Anekdote von der Wall Street:

Treffen sich zwei Broker abends in einer Bar. Man fachsimpelt beim Brandy. Fragt A: „Sag, hast Du ‘ne Ahnung, warum die XY-Aktie seit Wochen bei 80 hängt und sich trotz fester Märkte nicht bewegt, obwohl es keine schlechten News gibt?“ Antwortet B: „Du, die sind einfach zu teuer, die will doch keiner bei 80.“ Wochen später sitzt man wieder beim Absacker zusammen. Fragt Broker A: „Ich verstehe die Börse offenbar nicht mehr. Inzwischen sind XY auf 110 geklettert und wollen offenbar noch weiter nach oben, obwohl es keine besonderen Nachrichten gibt. Was ist denn jetzt los?“ Sagt B gelangweilt: „Ist doch klar, die sind einfach billig.“ Bei 80 Dollar als teuer angesehen, bei 110 Dollar als billig. Starke Story. Wer sie kapiert (zumindest akzeptiert), hat die Börse verstanden.

Nie vergessen werde ich in diesem Zusammenhang ein Schlüsselerlebnis in Los Angeles, das ich eingedeutscht seither in meine Vorträge einbaue. Es liegt viele Jahre zurück (irgendwann in den 1980er). Der noch relativ junge, aber schon hochangesehene Key Note Speaker gewinnt am letzten Tag eines Profi-Investmentkongresses sofort die Sympathien der gut 2.000 Besucher. Es gibt Engpässe unmittelbar vor der Bühne, was den Redner lächelnd zum Appell veranlasst: „Hey, meine Freunde, lasst die alten Raucher ruhig hier nach vorne - die haben nicht mehr so viel Zeit und mich stört ihr Qualm nicht.“ Schon hat er die Sympathie auf seiner Seite. Dann zieht er einen übergroßen Umschlag aus einer Tasche und sagt: „Guten Morgen allerseits, wir wollen heute mit einer kleinen Versteigerung beginnen.“ Atemlose Stille im Saal. Der Referent hält den weißen Umschlag hoch, der die dicke Aufschrift trägt ‚Billige Aktien‘: „Hier sind 100 Zettel mit den Namen von wirklich billigen Aktien drin. Was bietet Ihr für den Umschlag?“ Keiner sagt was. Man fragt sich, was der will. Dann holt der Redner einen zweiten, gleichgroßen Umschlag mit der Aufschrift „Aktien, die steigen“! hervor und zeigt den mit der anderen Hand: „Hier sind 100 Namen von anderen Aktien drin, und zwar Aktien, deren Kurse steigen werden - wer bietet für diesen Umschlag?“ Kurze Denkpause, dann tosender Applaus des Auditoriums.

Man hatte verstanden. Merke: Zu wissen, welche Aktien steigen werden, ist viel wichtiger als zu wissen, ob Aktien billig oder teuer sind. Schon deswegen lehne ich solche Begriffe ab. Welche Aktien wann gekauft werden, darauf kommt es an, nicht unbedingt auf das Warum! Umgekehrt gilt das natürlich auch. Ich habe meine Techs übrigens noch nicht verkauft.

Also bleibt gesund und macht weiter mit, meine Freunde!

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