RKI-Präsident Wieler sieht in Pandemie keine Trendumkehr - "Im Gegenteil"

Reuters · Uhr

(Durchgehend neu)

Berlin (Reuters) - Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, warnt vor dem Eindruck, dass der Trend steigender Infektionszahlen in Deutschland gebrochen sei.

"Im Gegenteil", sagte Wieler am Freitag bei der letzten gemeinsamen Pressekonferenz mit dem noch amtierenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in Berlin. Der aus dem Amt scheidende Minister zeichnete mit Blick auf die anstehenden Feiertage ein düsteres Bild. Auch wenn die jüngsten Maßnahmen unmittelbar umgesetzt würden und die Infektionszahlen jetzt gesenkt werden könnten, werde die Lage auf den Intensivstationen "rund um Weihnachten ihren traurigen Höhepunkt erreichen", sagte Spahn.

Wieler betonte, für eine Trendumkehr sei es "viel zu früh". Dafür seien die täglich gemeldeten Zahlen der Neuinfektionen noch viel zu hoch. Aktuell seien mehr als ein Prozent der Bevölkerung akut infiziert, 4800 Covid-Patienten befänden sich auf den Intensivstationen, auch die Todesfälle stiegen deutlich. Zudem schätze er die Untererfassung der Neuinfektionen auf einen Faktor von zwei bis drei. In besonders belasteten Regionen kämen die Gesundheitsämter bei der Registrierung der Fälle nicht mehr hinterher. Engpässe gebe es auch bei der Auswertung der PCR-Tests in Laboren. In diese Notlage platze nun die neue Corona-Variante Omikron, die man noch nicht einschätzen könne. Fest stehe, die Mutante sei in Deutschland angekommen und könnte noch ansteckender als die Variante Delta sein.

SPAHN WILL GEGEN ALLGEMEINE IMPFPFLICHT STIMMEN

Für Freitag meldete das RKI 74.352 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das sind 2062 Fälle weniger als am Freitag vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg wieder auf 442,1 von 439,2 am Donnerstag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. 390 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen eines Tages auf 102.568. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als sechs Millionen Corona-Tests positiv aus.

Nach Angaben Spahns ist ausreichend Impfstoff für die geplanten 30 Millionen Auffrisch-Impfungen bis Weihnachten vorhanden. Seit der Ministerpräsidentenkonferenz am 18. November hätten bereits zehn Millionen der 55 Millionen geimpften Erwachsenen eine Booster-Impfung erhalten. Zugleich machte Spahn deutlich, dass er im Bundestag gegen eine allgemeine Impfpflicht stimmen werde. Er habe in dieser Frage eine "grundsätzlich sehr skeptische Haltung" und wiederholt sein Wort gegeben, dass eine solche allgemeine Impfpflicht nicht kommen werde. "Das wird auch mein Abstimmungsverhalten bestimmen." Zugleich sei er aber in der "Ansprache sehr klar". Die Impfung sei der einzige Weg aus der Pandemie.

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