Sharpe Ratio: Gewinn durch Risiko

DAS INVESTMENT · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Sharpe Ratio soll Investmentfonds klassenübergreifend vergleichbar machen. Das leistet sie respektabel. Doch wie jede Kennzahl stößt auch sie an Grenzen

Wenn Christian Michel vor Finanzberatern über die Sharpe Ratio spricht, blickt er zuweilen in ungläubige Gesichter. Es sind Berater, die über Nutzen und Grenzen dieser Fondskennzahl nicht komplett Bescheid wissen. Michel klärt auf - als Teamleiter für Fonds bei der Rating-Agentur Feri Eurorating Services kennt er sich schließlich aus. "Die Sharpe Ratio ist eine normierte Risikomaßzahl - sehr einfach zu berechnen", sagt er. Ein Taschenrechner reiche aus.

Die nötigen Variablen finde man auf einschlägigen Fonds-Webseiten. Das mache sie ungemein praktisch. Die nach dem Nobelpreisträger William Forsythe Sharpe benannte Zahl erledigt etwas, das eine nackte Performancezahl nicht schafft: Sie macht Fonds vergleichbar, auch über verschiedene Anlagekategorien hinweg.

Grundlage ist der Gedanke, dass jede Geldanlage mit zusätzlichem Risiko dem Anleger mehr bringen soll als eine risikofreie Anlage. Nach dem Motto "wenn schon Späne fallen, soll aber auch kräftig gehobelt werden", will der Anleger für jedes eingegangene Risiko eine Gewinnprämie kassieren. Eine Grundregel für Geldanlagen, egal aus welcher Kategorie sie kommen.

Risiko muss sich lohnen

Die Sharpe Ratio setzt eben diesen Gedanken in eine simple Formel um. Über den Bruchstrich kommt die Rendite, für die der Anleger zusätzliches Risiko in Kauf nimmt. Das ist die Gesamtrendite abzüglich eines risikofreien Zinssatzes. Unter den Bruchstrich kommt das eingegangene Risiko.

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Sharpe setzte hierfür die Volatilität an. Je höher die also liegt, desto risikoreicher ist die Anlage, und desto niedriger ist die Sharpe Ratio. Andersherum zeigt eine höhere Sharpe Ratio an, dass sich bei diesem Produkt das eingegangene Risiko mehr gelohnt hat als bei einem anderen mit niedrigerem Wert.


Unter null ist's zappenduster

Nur klappt das nicht immer. Zum Beispiel bei einem Wert unter null. Der entsteht immer dann, wenn die Geldanlage den risikofreien Zinssatz im betrachteten Zeitraum gar nicht übertroffen oder sogar einen Verlust eingefahren hat. Dann nützt es auch nichts, wenn die eine Sharpe Ratio nicht ganz so weit unter null liegt wie die andere.

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Das zu verkennen, ist ein nicht unüblicher Fehler, wie auch einige Berater gegenüber Christian Michel zugeben mussten. Ein Beispiel: Fonds A erleidet in drei Jahren einen Verlust von durchschnittlich 5 Prozent pro Jahr bei einer Volatilität von 15 Prozent. Fonds B verliert ebenso viel, allerdings mit einer höheren Volatilität von 25 Prozent. Der risikofreie Zinssatz beträgt ein Prozent pro Jahr. Bei beiden Fonds steht im Zähler also minus 6 Prozent.

Bei Fonds A liegt die Sharpe Ratio damit bei -6 : 15 = -0,4. Der risikoreichere Fonds B erreicht -6 : 25 = -0,24. Es wäre der höhere und damit bessere Wert, obwohl der Verlust gleich hoch, das Risiko aber viel höher ist. Eine nicht gerade tolle Kombination. Ein weiteres Problem liegt darin, dass viele Marktteilnehmer die Volatilität gar nicht als das richtige Risikomaß akzeptieren. Sie misst nicht nur Schwankungen nach unten als Risiko, sondern auch solche nach oben.

Doch Letztere sind ja gewollt. Außerdem unterstellt damit die Volatilität, dass Schwankungen in jede Richtung gleich stark ausfallen. Angesichts der heftigen Markteinbrüche 2008 und 2011 und der folgenden, eher gemächlichen Kursgewinne ist das ziemlich zweifelhaft. Deshalb berechnen manche Analysten eine Sharpe Ratio mit der sogenannten Semivolatilität, die nur fallende Kurse misst. Damit gewinnt die Aussagekraft noch hinzu.

Die Datenformate müssen stimmen

Als Drittes gilt es zu beachten, dass als Grundlage für vergleichbare Sharpe Ratios für die Daten auch dieselben Standards vorliegen müssen. So können Bundesanleihen für risikofreie Rendite herhalten, genauso gut aber auch ein Geldmarktzins. Renditen können pro Jahr oder angesammelt ausgedrückt werden. Die Vola kann sich auf einzelne Tage, Wochen oder Monate beziehen. Sollten die Formeln in dieser Hinsicht an einer Stelle abweichen, nützt auch eine noch so geniale Kennzahl nichts.


William Sharpe wurde am 16. Juni 1934 in Cambridge, einem Vorort von Boston (Massachusetts) geboren. Er bekam 1990 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften zusammen mit den Kollegen Merton Miller und Harry Markowitz. Sharpe lehrte als Professor an der University of Washington in Seattle und an der Stanford University in Kalifornien. Er war an der Entwicklung des Capital-Asset-Pricing-Modells beteiligt. Das Modell geht der Frage nach, wo verschiedene risikobehaftete Geldanlagen an einem effizienten Kapitalmarkt den richtigen Preis (Gleichgewichtspreis) finden.

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