Spürbare Risiken erhöhen Nervosität

Holger Scholze · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Ungewöhnlich große Unruhe an den Börsen
Die verhältnismäßig große Schwankungsbreite des Aktienmarktes hält an. Nun ist die Volatilität ja auch ein Maß für die Nervosität der Anleger. Und diese scheint in der Tat aktuell unangenehm stark zu sein. So verbuchte der Dow-Jones-Index am Dienstag mit 425 Punkten die größte Tagesschwankung seit Oktober.

Beim DAX lagen am Mittwoch zwischen dem Tageshoch und dem Tagestief fast 200 Punkte. Belastend wirkte sich die gesenkte Wachstumsprognose der Weltbank aus, die vor allem an den Rohstoffmärkten für einbrechende Preise sorgte. So verzeichnete der Preis für Kupfer den größten Tagesverlust seit mehr als drei Jahren und fiel im Verlauf auf den tiefsten Stand seit fünfeinhalb Jahren. Kurioserweise kletterten die Ölpreise nach ihrer zuletzt wieder beschleunigten Abwärtsbewegung kräftig an. Dies sorgte zum Ende des Handelstages auch für eine leichte Erholung der Aktienkurse von ihren Tagestiefs.

Überraschend schwach waren die US-Einzelhandelsumsätze für Dezember. Hier wurde mit einem Minus von 0,9 Prozent der stärkste Rückgang seit Januar 2014 gemessen. Und das trotz der seit Monaten deutlich gesunkenen Benzin- und Ölpreise. Die US-Wirtschaft hängt jedoch in hohem Maße von der Kauflust der Konsumenten ab.

Die negativen Nachrichten wurden durch ernüchternde Geschäftszahlen der Großbank J.P. Morgan Chase abgerundet. Ob sich dieser Eindruck auf den gesamten US-Bankensektor übertragen lässt, können wir erst nach den Quartalszahlen der Bank of America und Citigroup am Donnerstag sowie von Goldman Sachs am Freitag beurteilen.
"Beige Book" belegt entspannte Aussagen der Fed

Durch den Konjunkturbericht der US-Notenbank (Fed) schöpften viele Anleger im nachbörslichen Handel neuen Mut. Denn in den meisten Regionen der USA habe die Wirtschaft "mäßig" oder "moderat" zugelegt, wie es hieß. Es gebe kaum Anzeichen für eine breit angelegte Zunahme bei den Löhnen. In der vergangenen Woche hatten wir bereits erfahren, dass die durchschnittlichen Stundenlöhne im Dezember sogar um 0,2 Prozent gesunken sind. Das ist der niedrigste Wert seit zwei Jahren! Der Fed zufolge seien auch die Preise in den meisten Regionen nur "leicht" gestiegen.
US-Arbeitsmarkt noch nicht gesund

Dies zeigt, dass der US-Arbeitsmarkt derzeit zwar gut läuft und somit auch der Wirtschaft Schubkraft gibt. Allerdings geht der Aufschwung an vielen Amerikanern bisher noch vorbei. Nicht nur, weil die Löhne stagnieren, sondern auch, weil es eine relativ hohe Zahl von Teilzeitbeschäftigten und Langzeitarbeitslosen gibt. Die Gesundung des US-Arbeitsmarktes ist also noch lange nicht abgeschlossen!
Thema „Zinswende“ kann vertagt werden

Dadurch werden die gelassen formulierten Aussagen von US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen aus der Vorwoche unterstrichen. Die Fed hat in der Tat überhaupt keine Eile mit der ersten Zinserhöhung nach der globalen Finanzkrise.

Seit 2008 liegt der Leitzins nun schon nahe null Prozent, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Im Oktober 2014 hatte die Fed ihr Programm massiver Staatsanleihenkäufe auslaufen lassen. Im Dezember erklärte Janet Yellen, dass eine erste Anhebung der Zinsen im Rahmen der Sitzungen im Januar oder März unwahrscheinlich sei. Aber auch danach werden die Währungshüter nicht gleich Handlungsbedarf sehen. Zumindest deutet sich dies aktuell nicht an.

Auch wenn wir die von vielen Analysten reduzierten Ziele für die Ölpreise betrachten, ist mit einer schnell nahenden Zinswende in den USA kaum zu rechnen. So senkten die Experten von Goldman Sachs ihre Erwartung von 75 auf 46 Dollar pro Fass. Die Kollegen der Société Générale reduzierten ihr Kursziel von 65 auf 51 Dollar.

Somit ist also die Geduld der US-Notenbank bei der von unzähligen Marktteilnehmern heiß diskutierten Frage der Zinswende in den USA nur allzu verständlich. Wahrscheinlich wird sich das Gremium um Janet Yellen sogar erst im September mit dem Thema ausführlicher beschäftigen müssen. Ich halte es aber auch nicht für ausgeschlossen, dass dies erst Anfang 2016 auf die Tagesordnung kommt.
Kauflust auf Aktien bleibt erhalten

Dies sollte den Aktienmarkt in Amerika weiter stützen. Neben den in meiner Kolumne der Vorwoche ausgeführten Argumenten, die sich aus der extrem lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und den gesunkenen Ölpreisen ableiten lassen, ist dies auch ein zusätzliches Argument für steigende Kurse des DAX.

Setzen wir den Gedanken fort, sollte sich dadurch auch die Talfahrt des Euro verlangsamen. Denn der Dollar würde seinen Aufwärtstrend gegenüber anderen wichtigen Währungen unter den genannten Gesichtspunkten zunächst nicht halten können. Große Spannung vor wichtigen Terminen

Für kurzfristig orientierte Anleger ist die Gemengelage jedoch äußerst schwierig. Allein die kommende Börsenwoche wird nichts für schwache Nerven. Denn da stehen zahlreiche marktrelevante Termine im Programm. Neben einer ganzen Flut weiterer Quartalszahlen wird US-Präsident Barack Obama am Dienstag seine Rede zur Lage der Nation halten. Zuvor melden die Chinesen, wie stark ihre Wirtschaft im vierten Quartal 2014 gewachsen ist. Am Mittwoch tagt die japanische Zentralbank. Und am Donnerstag, dem 22. Januar, richtet sich die Aufmerksamkeit der Börsianer auf die Sitzung des EZB-Rates. Am Sonntag, dem 25. Januar, folgen dann die Wahlen in Griechenland.
Herzliche Einladung zum Börsentag Dresden

Einen Ausblick auf diese Themen sowie auf das gesamte Börsenjahr 2015 können Sie auch am kommenden Sonnabend, dem 17. Januar, auf einer der wichtigsten Veranstaltungen unserer Branche bekommen. Ich würde mich sehr freuen, Sie beim Börsentag Dresden persönlich begrüßen zu dürfen!

Neben Fachvorträgen von mehr als 50 Referenten, werden Sie von nahezu 100 ausstellenden Unternehmen erwartet. Dabei werden im Internationalen Congress Center Dresden wie immer sowohl Börsenneulinge als auch erfahrende Anleger und Trader auf Ihre Kosten kommen. Der Eintritt ist frei!

Kleiner Tipp: Den Abschluss der Veranstaltung bildet die OnVista-Expertenrunde:
17:15 Uhr | Finale des Börsentags | Großer Saal 4/5

Sie fragen - Robert Halver und Holger Scholze antworten:

"Wie und wo anlegen in 2015?"


Zuvor werde ich bereits von 16:15 bis 17:00 Uhr im Seminarraum 3/4 gemeinsam mit Philipp Lang auf das beginnende Börsenjahr schauen. Ihr Holger Scholze

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