Tesla, Netflix, Wirecard und Beyond Meat: Bekommen die Short-Seller jetzt ihr Fett weg? – Tesla ist jetzt 100 Milliarden Dollar wert und Wirecard will zwei neue Vorstände installieren

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Tesla Short! Was viele Anleger für eine sichere Spekulation hielten, scheint zum Rohrkrepierer zu werden. Nachdem steilen Anstieg der Aktie in den vergangenen Tagen und Wochen schien eine Sache ganz klar zu sein. Der Kurs von Tesla muss wieder fallen. Wirft man einen Blick auf die Fundamentaldaten, dann müsste diese Annahme auch eigentlich stimmen.Der kalifornische Elektroautopionier kommt mit dem heutigen Kursanstieg auf eine Marktkapitalisierung von etwas mehr als 100 Milliarden Dollar. Damit ist Tesla an der Börse mehr wert als die beiden amerikanischen Urgesteine Ford und General Motors zusammen. Mitleiweile ziehen die Kalifornier auch an VW vorbei. Vergleicht man den Umsatz und die PKW-Produktion von Tesla mit den drei genannten Autobauern, dann scheint die Bewertung schon fast lächerlich hoch.Die Anleger scheinen die Sache allerdings etwas anders zu sehen. Nachdem die Aktie bereits am Dienstag über 6 Prozent zulegte, geht es auch heute weiter bergauf – erneut um mehr als 3 Prozent. Damit kostet ein Tesla-Papier mittlerweile rund 565 Dollar. Damit dürften erneut einige Short-Seller auf dem falschen Fuß erwischt worden sein. Elon Musk hatte sich schon bei 420 Dollar über die Short-Seller lustig gemacht. Wie sehr freut er sich wohl jetzt?

Whoa … the stock is so high lol

— Elon Musk (@elonmusk) December 23, 2019

Nächste Woche gibt es Zahlen

Ob die Freude von Musk weiter anhält, hängt auch ein wenig von den Zahlen ab, die Tesla am 29. Januar präsentieren wird. Geht es nach den Experten von New Street Research, dann werden die Kalifornier gute Zahlen und einen starken free Cashflow vorlegen. Analyst Pierre Ferragu hat sich erst Mitte der Woche als größter Tesla-Bulle zu erkennen gegeben.

Kursziel 1.700 Dollar

Er erhöhte sein Kursziel für den Elektrowagenbauer auf ein „Street High“ von auf 800 US-Dollar und bekräftigte seine Einschätzung eines Buy-Ratings: „Wir halten an unserer Einschätzung fest und gehen davon aus, dass Tesla nach 2025 2-3 Millionen Autos pro Jahr zu branchenführenden Margen verkauft, was einer Marktkapitalisierung von 230-350 Milliarden Dollar entspricht und Kurse zwischen 1.100 bis 1.700 Dollar pro Aktie rechtfertigt. Die Anleger feierten die Einschätzung, die Short-Seller flogen erneut auf die Nase. Bis zu der Vorlage der Zahlen dürften die Shorties daher weiterhin einen schweren Stand haben.

Beyond Meat läuft ebenfalls aus dem Ruder

Zwischen Tesla und dem Hersteller von Fleischersatzprodukten lassen sich einige Parallelen ziehen. Beide Konzerne sind in Kalifornien beheimatet, arbeiten daran nachhaltig profitabel zu werden, leben von der Fantasie, dass ihr Produkt Marktführer wird oder bleibt, sind sehr hoch bewertet und jeder Anleger weiß das. Daher ist Beyond Meat eigentlich auch ein klarer Fall von Short-Möglichkeit, die sich förmlich aufdrängt. Aber auch hier läuft und läuf und läuft der Kurs. Über 50 Prozent hat die Aktie in den letzten Wochen obendrauf gepackt.

Damit kommt Beyond Meat auf eine Marktkapitalisierung von über 6 Milliarden Dollar bei einem geschätzten Umsatz von 90 Millionen für das Geschäftsjahr 2019. Eine Bewertung, die auch nicht mehr zu rechtfertigen ist. Allerdings ist der Kurs noch ein gutes Stück von seinem All-time-high entfernt. Genau eine Woche nach Tesla legt der Produzent von veganen Lebensmitteln seine Bilanz für das Jahr 2019 vor. Die Experten gehen davon aus, dass Beyond Meat das zweite Quartal in Folge profitabel gearbeitet hat.

Zudem lebt der Wert von der Fantasie, dass Beyond Meat mit McDonalds ins Geschäft kommt. Für nicht wenige Experten würde eine solche Kooperation das Unternehmen aus Kalifornien auf einen neuen Level heben. Daher bestehen gute Chancen, dass die Aktie bis zur Vorlage der Zahlen noch ein Stück weiter läuft. Daher könnten sich Short-Seller auch an diesem Wert die Zähne ausbeissen.

Netflix und die Abonnenten

Bewertungsstechnisch ist die Aktie des amerikanischen Streamingdienstes mit Sicherheit nicht so davongeeilt, wie die Aktien von Telsa oder Beyond Meat. Bei Netflix liegt die Spekulation auf niedrigere Kurse eher in der immer größer und stärker werdenden Konkurrenz. Bis zum dritten Quartal 2019 war eigentlich nur Amazon mit Prime Video ein ganz großer Konkurrent. Mittlerweile haben mit Apple und Walt Disney zwei ganz große Player den Markt betreten.

Starker Jahresabschluss, ungewisser Ausblick

Der Streaming-Marktführer Netflix hat sich im vierten Quartal dank Serien- und Filmhits wie „The Witcher“ oder „The Irishman“ überraschend gut geschlagen. Die große Herausforderung beginnt mit dem Angriff finanzstarker Kontrahenten wie des Hollywood-Giganten Walt Disney oder des iPhone-Riesen Apple aber gerade erst. Auf dem US-Heimatmarkt macht sich der starke Wettbewerb bereits bemerkbar – plötzlich bläst eine ganze Reihe neuer Rivalen zur Jagd auf Netflix.

Im Brief an die Aktionäre gibt Netflix sich kämpferisch. „Wir haben einen großen Vorsprung beim Streaming und werden darauf aufbauen, indem wir uns auf das konzentrieren, auf das wir uns die letzten 22 Jahre konzentriert haben – unsere Kunden zufriedenzustellen“. Doch Finanzchef Spencer Neumann räumte bei einer Konferenzschalte nach der Bilanzvorlage ein, dass es angesichts des verschärften Konkurrenzkampfes und der vergleichsweise hohen Preise von Netflix bereits eine etwas erhöhte Abwanderungsrate von Kunden gegeben habe.

Insgesamt laufen die Geschäfte bislang aber noch sehr rund: Im Schlussquartal hat Netflix überraschend viele neue Kunden angelockt. Die Zahl der Bezahlabos stieg in den drei Monaten bis Ende Dezember weltweit um 8,8 Millionen, wie der Online-Videodienst am Dienstag nach US-Börsenschluss mitteilte. Damit übertraf Netflix die eigene Prognose und auch die Markterwartungen. Ende 2019 brachte es das Unternehmen auf gut 167 Millionen bezahlte Mitgliedschaften.

Heimatmarkt wird deutlich schwieriger

Allerdings tut sich Netflix im US-Heimatmarkt – wo neuerdings auch Disney und Apple mit Streaming-Services am Start sind – weiter schwer. Hier kamen im vierten Quartal nur 423.000 Abo-Kunden hinzu. Das waren deutlich weniger als angenommen, was die Aktie schon nachbörslich zwischenzeitlich belastete. Zum US-Börsenstart am Mittwoch gab der Kurs dann zunächst um rund drei Prozent nach. Insgesamt ist Netflix an der Wall Street schon länger kein Überflieger mehr – die US-Börsenrally des vergangenen Jahres ging am Streaming-König aus dem kalifornischen Los Gatos vorbei.

Dass Netflix sich auf wachstumsschwächere Zeiten einstellt, macht der Ausblick auf das laufende Vierteljahr deutlich. Die Firma stellt einen globalen Zuwachs von sieben Millionen Kunden in Aussicht – deutlich weniger als von Analysten erwartet. Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2019 waren 8,9 Millionen neue Abonnenten hinzugekommen. Das Problem: Der US-Markt ist inzwischen relativ übersättigt. Hinzu kommt, dass neue Konkurrenten wie Disney, Apple, Viacom oder Comcast , aber auch etablierte Rivalen wie Amazon oder Hulu Netflix mit ihren Streaming-Services preislich unterbieten – zum Teil erheblich.

Nach dem vorsichtigen Ausblick steht die Aktie im heutigen Handel schon etwas unter Druck und verliert etwas mehr als 2 Prozent. Bedenkt man, dass Disney bislang fast ausschließlich auf dem US-Markt aktiv ist und seine weltweite Präsenz erst ab Ende März in Angriff nimmt, dann könnte Netflix auch schon bald bei den weltweiten Abonnentenzahlen schwächeln, was den Kurs belasten dürfte. Daher dürften schon jetzt einige Shorties auf ihre Chance lauern.

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Wirecard-Kurs im Aufwind

Beim Bezahldienstleister aus Aschheim waren die Short-Seller auch ganz schön am Werke. Die ganze Geschichte rund um Wirecard muss nicht noch einmal erzählt werden. Seit Jahresanfang marschiert Wirecard allerdings im Dax vorne weg. Um fast 20 Prozent hat die Aktie seit Jahresanfang zugelegt. Die Shorties sehnen sich förmlich nach negativer Berichterstattung, aber die bleibt bislang aus.

Auch charttechnisch hat sich das Bild bei Wirecard, mit dem überspringen der Marke von 120 Euro, wieder deutlich aufgehellt. Ein Hedgefonds von der Insel hat sein Short-Engagement bei Wirecard schon fast halbiert. Sollten die anderen Adressen ihm folgen, dann könnte Wirecard einen ähnlichen Kurssprung hinlegen wie Tesla. Wobei man bei Wirecard festhalten muss, dass ein solcher Kursanstieg nicht den fundamentalen Rahmen bei dem Wert nicht annähernd so sprengen würde, wie wir es gerade bei Tesla erleben. Daher dürften die Shorties bei dem Dax-Konzern auch noch einen längeren Atem haben und ein Short-Squezze auf sich warten lassen. Mindestens solange, bis der Sonderbericht auf dem Tisch liegt und das dürfte wohl bis Anfang April dauern.

Neuigkeiten aus Aschheim treiben den Kurs an

Bis dahin versucht Wirecard die Anleger mit einem positiven Newsflow und Tweets vom Vorstandsvorsitzenden Markus Braun bei Laune zu halten. So auch heute. Zwei neue Vorstände sind im Gespräch:

Wirecard könnte nach dem Wechsel an der Aufsichtsratsspitze seine beiden Führungsgremien personell aufstocken. „Unabhängig von den derzeit aktiven Vorständen stellen wir uns im Aufsichtsrat die Frage, ob wir den Vorstand nicht erweitern sollten“, sagte der seit Mitte Januar amtierende Chefaufseher Thomas Eichelmann im Interview dem „Manager-Magazin“ (Mittwoch).

Wirecard wachse stark und expandiere auch in das Konsumentenkreditgeschäft. „Ein Vorstand für Personal könnte meines Erachtens Sinn ergeben, ebenso jemand, der sich auf das Thema internationaler Vertrieb fokussiert“, sagte Eichelmann. Bei den vier amtierenden Vorstandsmitgliedern befinde sich der Aufsichtsrat derzeit in der Diskussion über Vertragsverlängerungen. Alle Vorstandsverträge laufen am Ende dieses Jahres aus.

Auch im Kontrollgremium will Eichelmann das Unternehmen verstärken, weil das Unternehmen in Asien stark wachse und auch in den USA angreifen solle. „Wir überlegen also, ob wir nicht noch mehr internationale Erfahrung und Expertise brauchen“, sagte er. „Und weil ich neben dem Vorsitz des Aufsichtsrats nicht auch den Vorsitz im Prüfungsausschuss haben sollte, möchten wir dort bis zur Hauptversammlung nachbesetzen und brauchen weitere Finanzkompetenz.“ Er könne sich daher zwei neue Mitglieder in einem dann achtköpfigen Gremium vorstellen, entscheiden müsse aber die Hauptversammlung.

Von Markus Weingran

Foto: Vitaliy Karimov / Shutterstock

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