Unicredit mit Milliardengewinn – Neuer Chef hat ersten Zukauf im Blick

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Die italienische Hypovereinsbank-Mutter Unicredit hat im zweiten Quartal mehr verdient als erwartet. Der Gewinn stieg auf etwas mehr als eine Milliarde Euro, wie die Bank am Freitag in Mailand mitteilte. In dem von der Corona-Krise geprägten Vorjahresquartal hatte das Institut nur 420 Millionen Euro verdient. Damit übertraf die zweitgrößte Bank Italiens die Erwartungen der Experten deutlich. Wichtigster Grund für den starken Anstieg war eine geringere Vorsorge für mögliche Kreditausfälle. Die Bankführung geht jetzt davon aus, dass die Risikovorsorge 2021 niedriger ausfallen wird als bislang angenommen.

Der seit Kurzem amtierende Konzernchef Andrea Orcel streckt zudem die Fühler nach dem schon länger strauchelnden Konkurrenten Monte dei Paschi di Siena (MPS) aus. Damit setzt der von der UBS gekommene Investmentbanker seine Ankündigung und die Forderung vieler großer Investoren um. Sein Vorgänger Jean Pierre Mustier, der die Bank mit einem harten Sparkurs saniert hatte, hatte Übernahmen skeptisch gegenübergestanden. Dies galt als ein Grund dafür, dass er gehen musste. An der Börse kamen die Zahlen und die Übernahmepläne gut an. Die Unicredit-Aktie legte um rund fünf Prozent zu.

Damit lag das Papier an der Spitze des europäischen Branchenindex Stoxx 600 Banks . Analystinnen und Analysten wie die JPMorgan-Expertin Delphine Lee lobten die Ergebnisse des zweiten Quartals. Mit dem Plus nach den Zahlen zum zweiten Quartal baute die Unicredit-Aktie ihre Kursgewinne im laufenden Jahr auf rund 35 Prozent aus. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie zählt das Papier allerdings zu den großen Verlierern – schließlich wurde Italien und damit die Wirtschaft des Landes in Europa mit am Stärksten von der Krankheit getroffen. Die Unicredit war deshalb und wegen eines mal wieder forcierten Konzernumbaus tief in die roten Zahlen gerutscht.

2021 sollte es wieder einen Gewinn geben. So erwirtschaftete die Unicredit in den ersten sechs Monaten einen Gewinn von 1,9 Milliarden Euro – bereinigt um Sondereffekte waren es knapp zwei Milliarden Euro. Dieser Wert soll im laufenden Jahr auf mehr als drei (2020: 1,3) Milliarden Euro steigen. Die Erträge sollen 2021 in etwa auf dem Vorjahresniveau von etwas mehr 17 Milliarden Euro liegen und auch die Kosten sollen stabil bleiben. Deutlich niedriger als 2020 soll die Risikovorsorge ausfallen. Diese soll von rund fünf Milliarden Euro auf weniger als 1,8 Milliarden Euro sinken.

Der neue Chef will im Herbst seine Pläne vorstellen, die Bank dauerhaft profitabel zu machen und damit die vielen Jahre im Krisenmodus – von dem weltweiten Beben der Weltwirtschaft ab 2007, der Euro-Schuldenmisere und schließlich der Corona-Pandemie – hinter sich lassen. Die italienische Großbank Unicredit zählt zu den größten Verlierern dieser Zeit. Für Anleger waren die Aktien seit Ende 2006 mit einem Minus von 94 Prozent praktisch ein Totalverlust.

Trotz mehrerer milliardenschwerer Kapitalerhöhungen in den vergangenen Jahren, mit denen die Bank vor dem Untergang bewahrt wurde, kommt die Unicredit nur auf eine Marktkapitalisierung von rund 23 Milliarden Euro und gehört damit nicht mehr zu den wertvollsten Banken der Eurozone. Vor der Finanzkrise hatte die Unicredit unter anderem wegen der Übernahme der deutschen HVB noch zur Creme de la Creme der Branche gezählt.

Die Italiener hatten die HVB im Jahr 2005 für rund 15 Milliarden Euro in eigenen Aktien übernommen. Dies war die bis dahin größte grenzüberschreitende Bankenfusion innerhalb Europas. Seitdem wird die HVB von der Unicredit immer wieder zurechtgestutzt und bis zu Orcels Amtsantritt wurde die deutsche Bank mit ganz engem Zügel aus Mailand geführt. Der neue Chef ordnete Mitte Juli allerdings die Konzernstruktur neu und räumte damit den einzelnen Regionen mehr Freiheiten ein.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: andersphoto / Shutterstock.com

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