Unnötiger Zinsschritt

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die US-Notenbankchefin Janet Yellen hat sich frühzeitig auf drei Zinserhöhungen in diesem Jahr festgelegt. Am Mittwoch gab es dann die zweite davon, wie von den Märkten erwartet. Man kann Yellen daher nicht vorwerfen, dass sie die Investoren plötzlich überraschen würde. Was man ihr aber vorwerfen kann, ist eine Zinspolitik, die eher dem Zweck dient, ihre Glaubwürdigkeit zu erhalten, anstatt der US-Wirtschaft zu dienen. Denn schaut man sich die Wirtschaftsdaten an, dann gab es für eine weitere Zinserhöhung keinen Grund.

Nur gute Stimmung, keine Hartfacts

Noch nie in der Geschichte hat die US-Notenbank die Zinsen angehoben bei so mickrigem Wachstum und so geringer Inflation. Eher hat sie in solchen Phasen die Zinsen gesenkt. Denn die einzigen Daten, die nach der Wahl Donald Trumps durch die Decke gingen, waren die Stimmungsindikatoren für die Wirtschaft. Die realen Daten wie auch die Auftragseingänge oder Industrieproduktion blieben lau. Offenbar warten alle zunächst auf Trumps Wunderwirtschaftsprogramme, bevor sie investieren. Doch Janet Yellen konnte nicht anders, weil sie sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. Als Begründung führte sie den Arbeitsmarkt an. Fraglos sieht die Arbeitslosenrate von 4,5 Prozent nach Vollbeschäftigung aus, doch die Zahl lügt. Immer mehr Amerikaner melden sich gar nicht mehr arbeitslos, weil sie die Hoffnung, einen Job zu finden, längst aufgegeben haben. Trump wäre nie gewählt worden, wenn es der US-Wirtschaft so gut ginge wie die Zahlen das auf den ersten Blick vermuten lassen.

Kein echter Zinserhöhungszyklus

Was bedeuten dieser und der weitere Zinsschritt, den Yellen angedeutet hat, nun für die Aktienmärkte. Ohne Frage ist jeder längere Bärenmarkt durch eine restriktivere Geldpolitik verursacht worden. Dem Platzen der Immobilienblase war ein Zinsanstieg von einem auf 5,25 Prozent von 2005 bis 2007 vorausgegangen. Da zeigt sich aber auch der Unterschied. Legt die US-Konjunktur nicht noch wirklich kräftig zu, dann dürfte die Zinserhöhungsphase mit einem weiteren Schritt um 0,25 auf 1,5 Prozent schon beendet sein. Wirklich restriktiv ist dies nicht, aber das Extremdoping der Wall Street ist zunächst vorbei. Europa erscheint daher attraktiver. Hier bleiben die Geldschleusen zunächst weit geöffnet.

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