USA: Der Weg für die Biden-Regierung ist frei – Wie viele Chancen stecken in dem politischen Neuanfang Amerikas?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das Biden-Kabinett nimmt nun langsam Formen an. Nachdem sich Noch-Präsident Trump drei Wochen gegen das Offensichtliche gesträubt hat, steht er nun immerhin einer ordnungsgemäßen „Transition Period“ nicht mehr im Wege, freilich ohne auch weiterhin seine Wahlniederlage offiziell einzugestehen. Aber wenigstens kann nun die künftige Administration rund um Joe Biden in geordneter Weise ihre Arbeit aufnehmen. Das ist gut für Amerika, aber auch gut für den Rest der Welt.

Endlich steht bei der Auswahl eines US-Kabinetts wieder Kompetenz an erster Stelle. So bringt z. B. der designierte Außenminister Anthony Blinken reichlich Erfahrung mit, war er doch u. a. Nationaler Sicherheitsberater der Obama-Administration, der auch Joe Biden als Vize-Präsident angehörte. Von 2015 bis 2017 war Blinken stellvertretender Außenminister und hat sich als Befürworter des Multilateralismus gezeigt. Eine wohltuende Eigenschaft nach vier Jahren Deal-Making-Politik unter der Maxime „America First“. Mit John Kerry kehrt auch Blinkens ehemaliger Vorgesetzter ins Weiße Haus zurück. Kerry war Außenminister unter Barack Obama und wird unter Biden die Aufgabe des Klima-Sonderbeauftragten einnehmen. Allein ein solcher Posten wäre unter Trump undenkbar gewesen. Auch hier zeigt sich also: Es geht voran!

Die größte Überraschung bietet aber wohl die Besetzung des Postens des Finanzministers. Oder in diesem Falle der Finanzministerin, soll doch die ehemalige Fed-Präsidentin Janet Yellen dieses Amt übernehmen. Diese Nachricht hat insbesondere die Wall Street äußerst wohlwollend aufgenommen. Von Yellen erhofft man sich mehr staatliche Unterstützung für die Wirtschaft. Erst Mitte Oktober hatte sie sich für fiskalische Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft stark gemacht, sowohl während der Pandemie als auch darüber hinaus. Hilfreich dürfte aber auch sein, dass Yellen einen besseren Draht zum derzeitigen Fed-Präsidenten Jerome Powell hat. Der aktuelle Finanzminister Steven Mnuchin hatte die Fed vor den Kopf gestoßen, als er ihr überraschend die Unterstützung für gewisse Hilfsprogramme entzogen hatte.

Trotz aller Kompetenz stellt sich aber die Frage, ob das Biden-Kabinett auch dazu geeignet ist, die tiefen Gräben zwischen Demokraten und Republikanern zuzuschütten. Denn viele designierte Kabinettsmitglieder stehen mit ihrer langjährigen politischen Erfahrung genau für das politische Establishment, gegen das Donald Trump zu Felde zog. Und das höchst erfolgreich, wie wir wissen. Obwohl er die letzte Wahl verlor, hat er die zweithöchste Anzahl von Stimmen für sich gewinnen können, die jemals auf einen Präsidentschaftskandidaten entfallen sind. Sein Pech, dass er von Joe Biden sogar noch übertrumpft wurde, der erstmals in der Historie der USA mehr als 80 Mio. Stimmen auf sich vereinigen konnte. Janet Yellen dürfte bei ihrer notwendigen Bestätigung vor dem Senat aber auch etwas Wind ins Gesicht wehen, gehört sie doch zu dem von den Republikanern besonders verhassten Wall-Street-Establishment. Auf der anderen Seite hat sie aber unter den Republikanern auch einige Unterstützer. Trump hatte seinerzeit sogar in Erwägung gezogen, ihr eine weitere Amtszeit zu gewähren, dann aber doch Jerome Powell den Vorzug gegeben.

Auch wenn das Biden-Kabinett berechtigte Hoffnungen auf eine lösungsorientierte Regierungsarbeit weckt, ist es wohl nicht dazu geeignet, das tief gespaltene Land wieder zu vereinen. Im Gegenteil: Die Fronten dürften sich weiter verhärten. Das wird Wasser auf die Mühlen einer möglichen weiteren Kandidatur Trumps oder eines seiner Kinder im Jahr 2024 sein. Zunächst allerdings überwiegen die positiven Aspekte. Per saldo wird sich der Aufwärtstrend an den Aktienmärkten fortsetzen.

Der DAX hat sich mittlerweile nachhaltig über der Marke von 13.000 Punkten etabliert. Die immer konkreter werdenden Impfstoffhoffnungen werden wie ein stetige zunehmender Rückenwind auf das Marktgeschehen wirken. Der DAX dürfte also schon sehr bald das bisherige Allzeithoch bei knapp 13.800 Punkten in Angriff nehmen. Über kurz oder lang wird er diese Hürde auch überwinden und neue Allzeithochs markieren. Mit etwas Glück geschieht das noch bis zum Jahresende. Dann würde das Corona-Krisen-Jahr 2020 zumindest mit einer positiven Randnotiz in die Geschichtsbücher eingehen.

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Oliver Kantimm / Der Aktionärsbrief

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