Was Anleger unbedingt von gläubigen Menschen lernen sollten

Bernd Schmid · Uhr

Wie verbindet ein mathematisches Rätsel den Glauben mit dem Investieren?

Ich bin ein bekennender Christ. Wahrscheinlich nicht so bekennend, wie ich es sein sollte. Aber doch so, dass ich mir immer wieder Gedanken mache, wie das Vermehren von Kaptital eigentlich mit meinem Glauben zusammenpasst, wo die Armen die Gewinner sind.

Ein Kritikpunkt nicht-Gläubiger ist oft, wie Gott all das schlechte in der Welt und den Menschen zulassen kann, wenn er doch allmächtig ist. Das ist genau der Punkt, von dem wir als Investoren sehr viel lernen können, das uns zu noch besseren Anlegern macht.

Am Wochenende habe ich mit meiner Frau einen Dokumentarfilm über gläubige Christen auf der ganzen Welt angeschaut, die jeden Tag auf den Straßen für Menschen mit Krankheiten und Schmerzen beten. Diese Gläubigen sind hunds-normale Menschen, die mit ihren Gebeten jedoch diesen leidenden Menschen helfen – die Schmerzen sind sehr oft nach dem Gebet verschwunden. Ich selbst habe das noch nicht erlebt, meine Frau in Indonesien dafür schon oft.

Es klappt jedoch nicht jedes Mal. Nicht jeder Mensch für den man betet wird geheilt. Es kann sehr enttäuschend sein, wenn es nicht klappt. Warum wurde der eine von seinem Krebsleiden geheilt, während der andere seine chronischen Schmerzen weiter ertragen muss?

Von einem dieser betenden Menschen kam dann eine für mich überraschende Antwort: “Es kommt nicht auf das Ergebnis an. Es kommt darauf an, dass der andere Mensch spürt, dass man sich um ihn kümmert. Darauf kommt es am Ende am, auf die Liebe, die er erfährt.”

Egal, ob man an diese Art von Wunder glaubt oder nicht, das alles hat sehr viel damit zu tun, was erfolgreiche von erfolglosen Anlegern trennt.

Das mathematische Rätsel

Kürzlich habe ich einen Artikel gelesen, der die Krux des Investierens mit einem einfachen mathematischen Rätsel auf den Punkt gebracht hat.

Es ging dabei um den Münzwurf. Einmal mit einer normalen Münze, bei der Kopf oder Zahl jeweils mit einer 50%igen Wahrscheinlichkeit auftreten. Und einmal um eine präparierte Münze, bei der die Wahrscheinlichkeit für Kopf bei 60 % liegt und die Wahrscheinlichkeit für Zahl bei 40 %.

Die Frage: Man nehme an, man wisse nicht, welche Münze man in der Hand hat. Wie viele Würfe müsste man auswerten, damit man mit einer 95%igen Wahrscheinlichkeit sagen kann, ob es sich um die präparierte oder normale Münze handelt?

Die Antwort dürfte die meisten Leute überraschen. Zumindest haben drei Mitarbeiter des Investment-Unternehmens Elm Partners per Umfrage herausgefunden, dass die meisten viel zu niedrig schätzen. Die richtige Antwort ist: 143 Würfe.

Die Studie der Mitarbeiter von Elm Partners überträgt diese Erkenntnis auf das Investieren.

Wie man diese Erkenntnis auf das Investieren übertragen kann

Konkret geht dabei per Beobachtung der jährlichen Performance einiger Investoren herauszufinden, welcher der Investoren ein überdurchschnittlich Guter ist. Konkret: Man gibt zu Beginn des Experiments jedem Investor gleich viel Kapital. Jedes Jahr schaut man die Performance der einzelnen Investoren an und schichtet dann so um, dass man den besseren mehr Kapital gibt und den schlechteren weniger.

Wie viele Jahre dauert es, bis der größere Teil des Kapitals in den Händen der guten Investoren ist?

Die Berechnungen dahinter sind nicht ganz einfach. Aber alleine das Ergebnis einer sehr optimistischen Annahme spricht Bände. Die Annahme: 85 % der Investoren erzielen langfristig eine Unterperformance im Vergleich zum Benchmark, während 15 % der Investoren die Renditen erzielen, die Warren Buffett in der Vergangenheit erzielt hat.

Selbst in diesem Fall dauert es fünf Jahre, bis ungefähr die Hälfte des Kapitals in den Händen der Warren Buffetts ist!

In der realen Welt, wo die Anzahl der realen Warren Buffetts etwas geringer ist, ist das selbstverständlich noch schlimmer. Bis man auf diese Art und Weise herausgefunden hat, welcher Investor seine Überrendite mehr mit Glück erzielt hat und welcher mehr mit Können, sind diese Investoren wohl längst im Himmel (oder in der Hölle).

Es kommt nicht auf die Renditen in einem Jahr an, sondern auf den Prozess!

Hier bauen wir die Brücke.  Beim Glauben kommt es nicht auf das Ergebnis des Gebets an, sondern auf die Liebe, die man anderen Menschen entgegenbringt.

Beim Investieren ist es ebenso wenig das Ergebnis einer einzelnen Investition, sondern es ist der Prozess anhand dessen Investitionsentscheidungen getroffen werden.

Mit einem guten Prozess erhöht man die Wahrscheinlichkeit, über die Zeit gute Investitionsentscheidungen zu treffen. Selbst dann wird man nicht mit Sicherheit zu den Gewinnern gehören. Das Pech kann einem einen Strich durch die Rechnung machen, indem mehrere aussichtsreiche Investitionen nicht das erwartete Resultat bringen.

Das ist für die meisten Anleger schwer zu akzeptieren. Denn das bedeutet, dass man sich eingestehen muss nicht die volle Kontrolle über seine eigenen Renditen zu haben. Das ist jedoch die Realität, egal wie hart und intelligent man arbeitet.

Man hat jedoch die volle Kontrolle über seinen eigenen Prozess. Und wenn man den Fokus seiner Arbeit auf diesen richtet, dann hat man die besseren Chancen für langfristigen Investitionserfolg.

Titelfoto: Elnur / Shutterstock.com

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