„Wer die Kuh einsperrt, kann sie nicht mehr melken“

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Carsten Maschmeyer, Unternehmer, Investor und Inhaber der Maschmeyer Group, spricht sich zu Beginn des Prozesses gegen den Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, gegen Gefängnisstrafen für Steuersünder aus. „Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass für Steuerhinterziehungen jenseits von einer Million Euro keine Bewährung bei Freiheitsstrafen möglich ist, ist aus einer Vielzahl von Gründen wahrscheinlich keine Abschreckung, für das Gemeinwohl teilweise sogar schädlich und in manchen Fällen schlicht ungerecht“, schreibt der ehemalige Inhaber des Finanzvertriebs AWD in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt (Montagsausgabe).

Der Schaden, den Steuerhinterzieher anrichten, sei „ausschließlich finanzieller Art“. In einer Gesellschaft, „bei der die Rechtsprechung selbst bei tödlichen Unfällen unter Alkoholeinfluss häufig nur eine Bewährungsstrafe verhängt, steht eine Freiheitsstrafe für Steuertäter in keinem Verhältnis“, schreibt Maschmeyer. Sie stellten schließlich keine Gefahr für die Allgemeinheit dar.

„Deswegen plädiere ich für drastisch erhöhte Steuernachzahlungen und Geldstrafen an Stelle von Freiheitsstrafen. Lieber eine volle Staatskasse als einen vollen Knast!“, heißt es weiter. Überspitzt könne man sagen: „Wer die Kuh ins Gefängnis sperrt, kann sie nicht mehr melken.“ Und in einigen Fällen gingen sogar Arbeitsplätze verloren. Das könne nicht im Interesse der Gesellschaft und des Fiskus sein.

Für Uli Hoeneß beginnt die Woche der Wahrheit. Am Morgen startet unter großer Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit der Steuer-Prozess gegen den Präsidenten des deutschen Fußball-Rekordmeisters. 14 Monate nach seiner Selbstanzeige muss der 62-Jährige um 9.30 Uhr im Münchner Justizpalast auf der Anklagebank Platz nehmen.

Vier Verhandlungstage hat das Landgericht München II angesetzt. Vier Zeugen sollen gehört werden, bevor Richter Rupert Heindl womöglich schon am Donnerstag das Urteil verkünden wird, ob sich der Bayern-Boss der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe schuldig gemacht hat.

„Gut vorbereitet“ vor Gericht

Nach Monaten mit Spekulationen in den Medien über angeblich hohe Millionensummen auf einem geheimen Schweizer Konto, das Hoeneß im vergangenen Jahrzehnt zu intensiven Börsen-Spekulationen nutzte, werden im Prozess harte Fakten und echte Zahlen auf den Tisch kommen. Die Anklageschrift wurde bis zum Prozessbeginn unter Verschluss gehalten. Weder Staatsanwalt Achim von Engel als Vertreter der Anklage noch die drei Verteidiger von Hoeneß äußerten sich im Vorfeld des Prozesses.

Hoeneß hatte angekündigt, „gut vorbereitet“ vor Gericht zu erscheinen. Er hofft auf ein mildes Urteil. Die zentrale Frage wird lauten, ob das Gericht seine Selbstanzeige aus dem Januar 2013 ganz oder zumindest teilweise als strafbefreiend bewertet.

Die „ganz spannende Frage“ werde sein, inwieweit man Hoeneß „trotz der verunglückten Selbstanzeige Strafmilderung gewähren kann“, sagte der Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler. Der Bundesgerichtshof hatte festgelegt: Wer mehr als eine Million Euro Steuern hinterzieht, muss ins Gefängnis. Eigenthaler erwartet, dass der Fall Hoeneß Rechtsgeschichte schreiben wird. Das Urteil dürfte – egal wie es ausfällt – für lebhafte öffentliche Debatten sorgen.

Auch beim FC Bayern wird gespannt auf den Prozess geschaut. Hoeneß ist nicht nur Präsident des größten und mächtigsten deutschen Sportvereins. Er ist auch Vorsitzender des mit prominenten deutschen Wirtschaftsführern besetzten Aufsichtsrates der FC Bayern München AG.

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