Westen dreht an der Sanktionsschraube - Lage im Donbass angespannt

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

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Kiew/Moskau (Reuters) - Der Westen zieht im Konflikt mit Russland um die Ukraine die Sanktionsschraube an.

Dabei zielen die USA, die EU, Großbritannien, Australien, Kanada und Japan vor allem auf das russische Finanzsystem und die politischen Eliten des Landes ab. Die EU-Botschafter in Brüssel beschlossen am Mittwoch nach Angaben von Teilnehmern ein erstes Sanktionspaket. Die britische Regierung ordnete an, dass Russland am Finanzplatz London keine Staatsanleihen mehr platzieren kann. "Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir den Zugang Russlands zu den britischen Märkten einschränken werden", sagte Außenministerin Lizz Truss. Russland nannte die Sanktionen kontraproduktiv. Die Lage in der Ost-Ukraine spitzte sich unterdessen weiter zu.

Welchen Schritt Russland als nächstes unternehmen wird, blieb zunächst unklar. In einer per Video ausgestrahlten Erklärung zum "Tag des Verteidigers des Vaterlandes" sagte Präsident Wladimir Putin, er sei weiter offen für Diplomatie, aber die Sicherheitsinteressen seines Landes stünden an erster Stelle. Zudem werde er angesichts der internationalen Lage die Streitkräfte Russlands weiter stärken. "Russlands Interessen und die Sicherheit unseres Volkes sind nicht verhandelbar", sagte der Präsident. "Also werde ich weiterhin unsere Armee und Marine stärken und modernisieren."

Offen war zunächst, ob russische Truppen in die von der Regierung in Moskau anerkannten Provinzen Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine eingerückt sind. "Wir haben noch keine verifizierten Beweise dafür, dass dies stattgefunden hat", sagte Truss im Radio auf die Frage, ob es bereits einen Einmarsch gab. Der Chef der Separatisten in Donezk, Denis Puschilin, erklärte, eine Präsenz russischer Truppen sei möglich, wenn die Situation dies erfordere. Der Regierung in Kiew warf er eine zunehmende Agression vor. Das Gebiet sei Provokationen ausgesetzt, die zum Tod von Menschen führten. Die Mobilmachung in Donezk komme aber voran. "Wir werden siegen." Die Hilfe des "großen Russlands" bringe den Sieg.

Angaben des ukrainischen Militärs zufolge wurden in den vergangenen 24 Stunden ein Soldat getötet und sechs weitere verletzt. Auf seiner Facebook-Seite teilte das Militär mit, es habe in dem Zeitraum 96 Beschüsse durch die pro-russischen Separatisten gegeben. Am Tag zuvor seien es 84 gewesen. Die Separatisten hätten unter anderem schwere Artillerie und Raketensysteme eingesetzt. Seitens der Separatisten gab es dazu zunächst keine Stellungnahme.

Deutschland und Frankreich betonten in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Donbass. Außenministerin Annalena Baerbock und ihr Kollege Jean-Yves Le Drian erklärten in Berlin, die Mission sei für ein objektives Bild zur Lage unverzichtbar. Die Beobachter seien "Ohr und Auge" der internationalen Gemeinschaft im Krisengebiet, sagte Baerbock.

Neue Satellitenbilder zeigten weitere militärische Aktivitäten Russlands in der Nähe der Grenze zur Ukraine. Das in den USA ansässige Unternehmen Maxar Technologies meldete die Stationierung von mehr als 100 Militärfahrzeugen und Dutzenden von Truppenzelten im südlichen Belarus im Grenzgebiet zur Ukraine. Auch ein neues Feldlazarett sei bei einer Militärgarnison im Westen Russlands errichtet worden.

"SCHLAGT MEHR DRAUF"

Die ukrainische Regierung rief alle Landsleute dazu auf, Russland zu verlassen. Das Außenministerium in Kiew veröffentlichte einen entsprechenden Hinweis, nach dem auch vor Reisen nach Russland gewarnt wird. Nach Angaben des obersten Sicherheitsbeauftragten der Ukraine soll der Ausnahmezustand im gesamten Land ausgerufen werden, zunächst für 30 Tage. Zugleich begann die Regierung in Kiew mit der Einberufung von Reservisten. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Einberufung am Dienstag per Dekret angeordnet, eine generelle Mobilmachung aber ausgeschlossen.

Das ukrainische Parlament stimmte unterdessen Sanktionen gegen 351 russische Personen zu, darunter auch Abgeordnete der Duma, die für die Anerkennung der abtrünnigen Provinzen Luhansk und Donezk votiert hatten. Demnach dürfen die Betroffenen nicht mehr in die Ukraine einreisen und auch keine Vermögenswerte in dem Land mehr erwerben. Vom Westen forderte die Regierung in Kiew härtere Sanktionen gegen Russland. Die Maßnahmen müssten gegen die Wirtschaft des Landes und den inneren Kreis von Präsident Putin gerichtet sein, schrieb Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. "Schlagt mehr drauf. Schlagt hart. Schlagt jetzt", schrieb er.

Nach den USA, der EU und Großbritannien ergriff auch Japan erste konkrete Strafmaßnahmen gegen Russland. In Japan dürften keine russischen Anleihen mehr ausgegeben werden und die Vermögenswerte bestimmter russischer Personen würden eingefroren, erläuterte Ministerpräsident Fumio Kishida. Baerbock sagte, es sei wichtig, dass die Alliierten jetzt schnell und geschlossen handelten.

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