Wird Warren Buffett Wells Fargo verkaufen?

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Nach der letzten Investorentagung von Berkshire Hathaway kann man wohl mit Sicherheit sagen, dass niemand wirklich weiß, was Warren Buffett denkt. Das Unternehmen und das „Orakel von Omaha“ haben alle überrascht, als sie enthüllten, dass sie im ersten Quartal keine nennenswerten Aktienrückkäufe getätigt haben - sondern ihren gesamten Anteil an vier großen Fluggesellschaften verkauft und ihren Batzen an Cash und kurzfristigen Anlagen auf satte 137,2 Milliarden Dollar erhöht haben.

Buffetts konservatives Spiel im ersten Quartal wirft eine andere Frage auf: Wird er bezüglich Wells Fargo etwas unternehmen? Buffett besitzt die Aktie seit 1990 und sie gilt weithin als eine seiner Lieblingsbanken. Doch in den letzten Jahren hat der legendäre Investor die Bank für einen Skandal stark kritisiert, bei dem Bankangestellte zwei Millionen gefälschte Bankkonten eingerichtet haben. Buffett hat außerdem kürzlich seine Beteiligung an Wells Fargo im vierten Quartal 2019 um fast 15 % reduziert. Wird Buffett etwas unternehmen aufgrund der Tatsache, dass die Coronaviruspandemie die Wirtschaft weiterhin behindert und die Bank noch immer einer behördlichen Prüfung ausgesetzt ist?

Die Aussichten für Wells Fargo verschlechtern sich

Die Großbanken legen alle Milliarden Dollar zur Seite, um sich auf Kreditgeschäfte vorzubereiten, die aus Social-Distancing-Maßnahmen resultieren, die die Wirtschaft im Wesentlichen zum Erliegen gebracht haben. Diese Verluste werden die Gewinne auffressen. Das Problem mit Wells Fargo ist, wie der UBS-Analyst Saul Martinez in einer kürzlich erschienenen Forschungsnotiz sagte, dass es schwierig nachvollziehbar sei, wie die Bank im zweiten Quartal nennenswerte Gewinne erzielen wird.

Nach dem Skandal um die fiktiven Konten im Jahr 2016 setzte die US-Notenbank der Bank eine Vermögensbegrenzung auf, die Wells Fargo auf 1,95 Billionen Dollar beschränkt. Diese Obergrenze wird auf der Basis eines Zwei-Quartals-Tagesdurchschnitts gemessen und muss am Ende des Quartals unter 1,952 Billionen Dollar liegen, so Charles Scharf, CEO von Wells Fargo. Am 31. März lag die Obergrenze bei 1,943 Billionen USD.

Wells Fargo hat also im Wesentlichen keinen Spielraum mehr für die Kreditvergabe. Das macht die Erwirtschaftung von Einkommen besonders schwierig, denn um signifikante Zinseinnahmen zu erzielen, während die Zinssätze bei null liegen, müssen die Banken viel leihen. Die US-Notenbank hat Wells Fargo erlaubt, über das Paycheck Protection Program (PPP) Kredite zu vergeben, aber diese werden nur sehr geringe Zinseinnahmen erwirtschaften und die Bank büßt alle Gebühren ein, die sie aus den Krediten geniert.

Nun, ich glaube nicht, dass sich die meisten Banken im Moment allzu viele Sorgen um die Kreditvergabe machen, denn sie haben alle Hände voll zu tun, Brände aus anderen bestehenden Krediten zu löschen und PPP-Kredite zu vergeben. Aber trotz der Wirkung des Coronavirus erzielten andere große Banken wie JPMorgan Chase und die Bank of America im ersten Quartal Nettozinserträge, die nicht allzu weit von dem entfernt waren, was sie im ersten Quartal 2019 erwirtschaftet hatten.

Der Nettozinsertrag von Wells Fargo ging im Jahresvergleich um etwa eine Milliarde zurück. Auch bei den nicht zinsbezogenen Erträgen verzeichnete die Bank im Vergleich zu ihren Konkurrenten einen deutlichen Rückgang. Dies könnte auf die Vermögensobergrenze zurückzuführen sein, aber Scharf sagte zur jüngsten Telefonkonferenz des Unternehmens, die Bank sei „nicht auf der Suche nach einem Wachstum des Nettozinsertrags (Net Interest Income, kurz NII), und ich bin sicher, dass es um einen gewissen Betrag zurückgehen wird“, wobei er sich auf den Nettozinsertrag vom ersten zum zweiten Quartal bezog.

Nicht genügend Reserven?

Dieses Problem könnte sich dadurch verschärfen, dass Wells Fargo derzeit eine viel geringere Risikovorsorge für Kreditgeschäfte vorgenommen hat als seine Konkurrenten, was dem Gesamtbetrag der Barmittel entspricht, die Unternehmen zur Deckung von Kreditverlusten zurücklegen.

Risikovorsorge für Kreditgeschäfte (in Millionen)Deckungsgrad (%)
Wells Fargo$12,0221.19
Bank of America$17,1261.51
Citigroup$22,6542.91
JPMorgan Chase$25,3912.32

Wie du oben sehen kannst, hat Wells Fargo etwa 5 Milliarden Dollar weniger als die Bank of America und mehr als 10 Milliarden Dollar weniger als JPMorgan und Citigroup beiseitegelegt. Ihre Deckungsquote - ein Maß für die Gesamtreserven im Verhältnis zu den Gesamtkrediten, ausgedrückt in Prozent - beträgt nur 1,19 %, was wiederum viel geringer ist als bei ihren Konkurrenten. Interessant ist, dass alle Banken im ersten Quartal die neue Bilanzierungsmethode der Current Expected Credit Losses (CECL) eingeführt haben, die von den Banken verlangt, die Verluste über die gesamte Laufzeit der Kredite zu prognostizieren, sobald sie entstehen. Während die Bank of America, JPMorgan und Citigroup ihre Reserven durch die CECL um etwa 3 oder 4 Milliarden Dollar erhöhten, reduzierte Wells Fargo die Gesamtreserven durch die CECL sogar um etwa 1,3 Milliarden Dollar.

Der Wells-Fargo-Finanzchef John Shrewsberry führte den Rückgang der Reserven von CECL auf den Kreditmix der Bank zurück - Wells Fargo hat einen viel geringeren Prozentsatz an Kreditkartenkrediten als die anderen Banken, historisch gesehen eine der risikoreichsten Kreditkategorien. In seiner Forschungsnotiz sagte Martinez jedoch, er glaube, dass die Bank ihre Reserven in den kommenden Quartalen aufgrund ihrer kommerziellen Exposition erhöhen müsse. Steigende Reserven und sinkende Gewinne seien nie eine gute Kombination.

Wird Buffett Wells Fargo verkaufen?

Wells Fargo steht sicherlich vor einigen Herausforderungen, da sie gegen geringere Gewinne und regulatorische Beschränkungen kämpft, die ihr Geschäft belasten. Aber ich halte es nach wie vor für unwahrscheinlich, dass Buffett seinen gesamten Anteil an der Bank verkauft, obwohl die Möglichkeit besteht, dass er seine Position weiter reduzieren könnte. Schließlich ist nicht alles an der Bank schlecht. Wells Fargo verfügt über einen hohen Prozentsatz an verzinslichen Einlagen, die im Laufe des Jahres aufgrund der Entscheidung der US-Notenbank, die Zinsen im März rasch auf null zu senken, weiter nach unten angepasst werden dürften. Das wird die Gesamtfinanzierungskosten der Bank senken und dürfte ihre Marge ein wenig erhöhen.

Darüber hinaus schien das Management von der Fähigkeit der Bank überzeugt, weiterhin ihre Dividende auszuschütten. Die Kernkapitalquote (Common Equity Tier 1, kurz CET1), ein Maß für das Kernkapital einer Bank im Verhältnis zu ihren risikogewichteten Vermögenswerten blieb nach dem ersten Quartal bei 10,67 %. Solange diese Quote über 9 % bleibt, wird die Bank wahrscheinlich nicht in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, Kapitalausschüttungen vorzunehmen, da sie über ein Gewinnvolumen von mehr als 165 Milliarden Dollar verfügt.

Vielleicht liegt der einzige Vorteil der Vermögensobergrenze darin, dass die Bank in gewisser Weise daran gehindert wird, ihre risikogewichteten Vermögenswerte zu erhöhen, was ein wichtiger Faktor für die deutliche Reduzierung vieler CET1 der Bank im ersten Quartal war. „Basierend auf den Annahmen, die wir in diesem sehr gestressten Umfeld getroffen haben, haben wir ein gutes Gefühl dabei (bei der Dividende)“, sagte Scharf. „Aber letztlich werden der Zeitpunkt und das Tempo der Erholung die Ertragskraft aller Beteiligten bestimmen, um das Dividendenniveau weiterhin stützen zu können, so Scharf. (https://www.fool.com/earnings/call-transcripts/2020/04/14/wells-fargo-co-wfc-q1-2020-earnings-call-transcrip.aspx)

Wenn Buffett seinen gesamten Anteil jetzt verkaufen würde, während die Aktien von Wells Fargo um die 26 Dollar pro Aktie gehandelt werden, würde er einen Großteil seiner Gewinne verlieren, und das scheint unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass er die Bank seit drei Jahrzehnten besitzt. Außerdem sagte Buffett auf der Berkshire-Investorentagung, dass er im Augenblick keine besonderen Probleme mit den Banken sehe, was bedeutet, dass er wahrscheinlich erwartet, dass sie sich auf das Niveau von vor der Coronaviruskrise erholen werden. Ich gehe davon aus, dass Berkshire zumindest einen Teil seiner Wells-Fargo-Aktien vorerst behalten wird.

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Bram Berkowitz besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.

Dieser Artikel wurde von Bram Berkowitz auf Englisch verfasst und wurde am 12.05.2020 auf Fool.com veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.

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