Wirecard: Aktie verliert nochmal 20 Prozent – Bundestags-Finanzausschuss setzt politische Aufarbeitung des Skandals heute fort

onvista · Uhr

Wirecard liegt nun mit dem Austritt aus dem Dax endgültig am Boden und die Anleger strafen dies mit weiteren Verkäufen ab. Zum Wochenstart ist die Aktie erneut um fast 20 Prozent eingebrochen und ist nun mit einem Preis von 0,68 Euro endgültig in den Bereich des „Pennystocks“ gefallen.

Bundestags-Finanzausschuss befasst sich erneut mit Wirecard-Skandal

Der Finanzausschuss des Bundestags befasst sich am Montag erneut mit der politischen Aufarbeitung des Wirecard -Skandals. Bei einer nicht öffentlichen Sondersitzung (12.00 Uhr) wird neben Vertretern des Kanzleramts auch Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) erwartet. Sie soll unter anderem zur geplanten Reform der Wirtschaftsprüfung und des Bilanzstrafrechts als Folge des Skandals befragt werden sowie zu möglichen Kontakten des Ministeriums zur Prüfgesellschaft EY.

EY steht in der Kritik, weil das Unternehmen die Jahresbilanzen bei Wirecard seit 2009 geprüft und testiert hatte. Am Dienstag wird in einer weiteren Sitzung des Finanzausschusses unter anderem der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Felix Hufeld, erwartet. Gegen die Bafin – die unter der Aufsicht von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) steht – gibt es Vorwürfe, sie habe bei Wirecard nicht genügend unternommen.

Zentrale Fragen bei der politischen Aufarbeitung sind, wann genau die Bundesregierung von Unregelmäßigkeiten wusste und ob sie zu wenig dagegen unternommen hat. Bei einer Sondersitzung des Finanzausschusses Ende Juli hatte Finanzminister Scholz Vorwürfe gegen die Bafin zurückgewiesen.

Oppositionspolitiker werfen der Bundesregierung eine mangelnde Aufarbeitung des Skandals vor. FDP und Linke fordern einen parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die Grünen wollen die Sitzungen des Finanzausschusses abwarten.

Auch Analysten stehen nicht gut da

Der Fall Wirecard ist für die Analystengemeinde eine große Blamage. Zu lange haben auch sie an das Erfolgsmodell geglaubt, den Beteuerungen des Managements und den Testaten des Wirtschaftsprüfers EY vertraut. So hatte das durchschnittliche Kursziel Mitte Juni – also wenige Tage vor dem Auffliegen des Milliardenlochs in der Bilanz – der damals 25 von Bloomberg erfassten Experten noch bei 155 Euro gelegen.

Die Spanne reichte dabei von 80 Euro bis immerhin 270 Euro – wert war die Aktie damals noch etwas mehr als 100 Euro. Zehn Analysten hatten die Aktie Mitte Juni noch zum Kauf empfohlen, 13 zum Halten und nur zwei zum Verkauf. Anfang des Jahres, als zumindest die Vorwürfe schon im Raum gestanden hatten, sah das Bild noch deutlicher aus. Das durchschnittliche Kursziel lag bei 190 Euro und 21 der damals 29 erfassten Analysten gaben eine Kaufempfehlung ab.

Inzwischen ist das Papier für die Aktienexperten ein rotes Tuch. Die meisten Analysten haben die Beobachtung der Aktie mittlerweile eingestellt, darunter die Analysten der Baader Bank, der NordLB und von Warburg Research. Wolfgang Donie von der NordLB, der die Aktie bereits im April auf Halten abgestuft hatte, riet den Anlegern zum Schluss „weiterhin dringend von spekulativen Investments bei Wirecard ab.“

Schon vor dem düsteren Bild, dass der Insolvenzbericht abzugeben scheint, machte Donie den Anlegern nur wenig Hoffnung, dass sie im Rahmen der Insolvenzabwicklung etwas von der erzielten Masse abbekommen werden. „Auch wenn die Zerschlagung vielleicht einige Arbeitsplätze retten kann, die Aktionäre dürften mit überwiegender Wahrscheinlichkeit leer ausgehen“, betonte der Experte. Er hält es für wahrscheinlich, dass selbst die Gläubiger auf großen Teilen ihrer Forderungen sitzen bleiben werden.

Kursziele nennt kaum noch ein Experte. Seit der Zuspitzung der Situation Mitte Juni gibt es im dpa-AFX Analyser lediglich zwei neuere Zielmarken mit maximal einem Euro. Der NordLB-Experte Donie ging in seiner Abschlussstudie noch einen Schritt weiter und senkte das Kursziel von einem Euro auf nur noch zehn Cent. Auch damit untermauerte er seine Einschätzung, dass die Aktie nichts mehr für Anleger ist. „Pennystocks“ sind im Allgemeinen wegen einer höheren Schwankungsbreite eher bei Zockern beliebt.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Anton Garin / Shutterstock.com

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