Wirecard: Vollständige Transparenz sieht anders aus – „FT“ sieht keinen Abschlussbericht

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Bezahldienstleister aus Aschheim scheint seiner Taktik treu zu bleiben. Es wird nur soviel veröffentlicht, wie nötig ist. Das gilt auch für den „Abschlussbericht“ der Kanzlei Rajah & Tann, der nach Aussagen der Kanzlei eigentlich keiner ist. Wie die „Finacial Times“ anmerkt spricht die Kanzlei nämlich in dem Begleitschreiben von „updated findings“. Die Bezeichnung aktualisierte Ergebnisse lässt den Schluss zu, dass da noch etwas kommen kann, was bei einem Abschlussbericht nicht der Fall wäre. Somit sind weiteren Spekulationen Tür und Tor geöffnet.  Und nicht nur deswegen.

Wirecard veröffentlicht nur Auszüge

Bei dem angeblichen Abschlussbericht handelt es sich allerdings nur um eine Zusammenfassung von Wirecard, die laut einem ebenfalls veröffentlichten Begleitschreiben von Rajah & Tann ohne weitere Kommentare gegengezeichnet wurde.

In einen Telefon-Interview mit Bloomberg war dann folgendes vom Vorstandchef Braun zu erfahren. Die am Dienstag veröffentliche Zusammenfassung der Ergebnisse seien nicht geschönt worden. Den gesamten „Abschlussbericht“ der mit der Compliance-Untersuchung betrauten Kanzlei werde Wirecard aber nicht veröffentlichen. Aussagen die nicht ganz verständlich sind. Warum wird nicht der komplette Bericht der Kanzlei aus Singapur veröffentlicht? Gibt es vielleicht doch etwas zu verbergen? Das muss nicht sein, aber wieder lässt Wirecard Raum für Spekulation anstatt lückenlos aufzuklären.

Financial Times nutz genau das aus

In dem Artikel von Dienstag weckt Autor Paul Murphy erneute Zweifel an der ganzen Vorgehensweise von Wirecard. Nach der Feststellung, dass kein Abschlussbericht vorliegt geht er davon aus, dass die Kanzlei aus Singapur keinen abschließenden Bericht veröffentlichen wird, bevor die Ermittlungen der Behörden vor Ort abgeschlossen sind, da man nichts vorwegnehmen möchte. Danach wird angezweifelt, ob es überhaupt jemals einen Abschlussbericht geben wird, da auch in Frage gestellt wird, dass die Kanzlei Rajah & Tann überhaupt noch für Wirecard tätig ist. Der Autor nutzt die Räume, die Wirecard lässt, sehr geschickt, um neue Zweifel zu wecken.

Vollständige Transparenz wäre gerade deswegen so wichtig gewesen

Laut dem „Manager Magazin“ prüfe Wirecard gerade, ob man noch weitere Details des Berichts veröffentlichen könne. Was Bitteschön muss da noch geprüft werden? Der Mobile-Payment-Spezialist sollte doch aus den Vorkommnissen der vergangenen Wochen ein Bisschen mehr gelernt haben. Die Untersuchungsergebnisse jetzt wieder nur auf Druck der Medien Stück für Stück zu veröffentlichen, schafft nicht mehr Vertrauen, sondern bewirkt eher das Gegenteil. Da nützt es auch nichts, dass Vorstandschef Markus Braun vollmundig zur Tagesordnung übergegangen ist.

„Für uns ist die Sache abgehakt“

In einem Interview mit dem Nachrichtensender N-TV bekräftigt CEO Braun noch einmal, dass „alle wesentlichen Details“ auf dem Tisch liegen und die Sache für Wirecard nun abgeschlossen ist. Danach folgen dann die gewohnt markanten Aussagen zur Zukunft des Bezahldienstleisters aus Aschheim: „Ich traue mir zu, in den nächsten zehn Jahren dieses Unternehmen noch einmal in eine ganz andere Region zu bringen, wirklich zu einem globalen Spieler in diesem Bereich zu machen, das ist unser Ziel.“

Ist die Sache wirklich schon abgehakt?

Solange die Behörden in Singapur ermitteln, dürfte der Fall für Wirecard noch nicht abgeschlossen sein. Zudem wurde die Ermittlungen ja auch auf weiter Firmenteile ausgedehnt. Wenn überhaupt nichts gefunden worden wäre, warum wird dann auch in Richtung Indien ermittelt? Solange die Behörden in Singapur weiter nachforschen, dürfte der Bezahldienstleister noch keinen Haken hinter die Sache machen können. Denn auch diese Tatsache dürfte immer wieder Raum für Spekulationen bieten.

100 Prozent sehen anders aus

Ob beim Geschäftsmodell oder bei der Aufklärung der Vorwürfe in Singapur, zu 100 Prozent ist man sich bei Wirecard einfach nie sicher. Es bleiben immer wieder kleinere bis größere Zweifel. Eine lückenlose Aufklärung des Falles scheint es wohl nicht zu geben und daher werden es Aktie und Konzern weiterhin schwer haben das volle Vertrauen der Anleger zu gewinnen.

Von Markus Weingran

DAS WICHTIGSTE DER BÖRSENWOCHE – IMMER FREITAGS PER E-MAIL

Zum Wochenende die Top Nachrichten und Analysen der Börsenwoche!

Hier anmelden >>

Foto: Homepage Wirecard

Meistgelesene Artikel