5 Anzeichen, dass wir uns in einer großen Aktienblase befinden

Bernd Schmid · Uhr

Wir bei The Motley Fool sind ja der Meinung, dass es immer Sinn macht, in Aktien investiert zu sein. Was aber für 99 % aller Anleger auf keinen Fall Sinn macht, ist der Versuch, den Markt zu „timen“. Das heißt die besten Ein- und Ausstiegszeitpunkte zu finden, um seinen Gewinn zu maximieren. Das schadet in der Regel einfach mehr, als es hilft.

Trotzdem gibt es aktuell viele Anzeichen, dass wir uns derzeit in einer bereits stark aufgeblähten Blase befinden. Ich zeige hier nur fünf der für mich überzeugendsten Anzeichen auf, bevor ich darauf eingehe, was das für uns langfristige Anleger bedeutet.

5 Anzeichen, dass wir uns in einer Blase befinden

  1. Der Warren-Buffett-Indikator

Der Warren-Buffett-Indikator gibt an, wie groß der Aktienmarkt im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt ist. Ist die Gesamtmarktkapitalisierung genauso groß wie das Bruttoinlandsprodukt, dann ist der Warren-Buffett-Indikator genau 100 %.

Aktuell steht er bei 224 %. Das ist bald doppelt so hoch wie der historische Durchschnitt und höher als während der Internetblase Ende der 1990er/Anfang der 2000er.

Quelle: marketvaluation.com
  1. Man kann die Bewertungen rational erklären

Eine Blase wäre keine Blase, wenn alle sie als solche erkennen würden. Dann würden relativ schnell die Käufer ausgehen.

Damit im 17. Jahrhundert die Tulpenpreise in Holland auf das Vielfache eines durchschnittlichen Jahreseinkommens steigen konnten, musste es ausreichend Holländer geben, die diesen Preis rechtfertigen konnten und bezahlten.

Ende der 1990er Jahre konnte man die hohen Kurse mit den unendlichen Möglichkeiten begründen, die das Internet der Menschheit bot.

Heute kann man die hohen Preise mit den Niedrig- und Negativzinsen rechtfertigen. Aktien sind einfach sehr viel mehr wert, wenn man die erwarteten Cashflows mit einem sehr niedrigen Zinssatz abzinst. Mit dieser Begründung ließe sich praktisch jeder Kurs für ein Unternehmen rechtfertigen.

  1. Es gibt immer mehr irrationale Teilnehmer am Markt

Es gibt zahllose Anekdoten, die man hier erzählen könnte. Alleine die Anzahl an Videos von Robinhood-Nutzern, wie man mit Call-Optionen (in der Regel auf Tesla) schnell und einfach viel Geld verdient, könnten wahrscheinlich Tage füllen (hier, hier und hier nur drei Beispiele, die ich schnell wiederfinden konnte).

Dass das nicht nur Anekdoten sind, zeigt die folgende Grafik. Hier sieht man, wie viele Call-Optionen kleine Trader im Verhältnis zum gesamten Handelsvolumen an der New Yorker Börse über die Zeit gekauft haben.

Es müssen aber keine Optionen auf Tesla sein. Es können auch Aktien von Unternehmen sein, die gerade Bankrott erklärt haben, wie es bei Hertz und zahlreichen anderen im letzten Jahr der Fall war.

Auch Kursbewegungen wie am vergangenen Dienstag und vorbörslich am Mittwoch bei Gamestop zu beobachten, sind aus meiner Sicht alles andere als rational begründbar:

Dahinter steckt offenbar eine Gruppe aus Reddit-Nutzern (Stichwort: Wallstreetbets), die Aktien mit hohen Leerverkaufsquoten identifizieren und dann sogenannte Short-Squeezes provozieren.

Ich selbst habe zwar (große) Sympathie für diesen Ansatz, denn diese Gruppe attackiert aus meiner Sicht genau die richtigen Akteure (auch wenn mein eigenes Short-Portfolio auch darunter gelitten hat). Trotzdem ist das ein weiterer Ausdruck der Exzesse im Markt.

  1. Es spielt fast keine Rolle, was man kauft

Die obigen Beispiele zeigen das schon. Man kann aktuell mit vielem schnell viel Geld verdienen. Besonders überdurchschnittlich gut ging das in den letzten Monaten mit Unternehmen, die kein Geld verdient haben. Zumindest laut Entwicklung des Goldman Sachs non-profitable Tech-Index:

  1. Die Euphorie kennt keine Grenzen

Es gibt verschiedene Indikatoren, wie das Sentiment an der Börse gerade ist. Ob Gier vs. Furcht oder Panik vs. Euphorie. Es gibt zahlreiche Indikatoren, die aktuell zeigen, dass Gier bzw. Euphorie stark überwiegen – und wir heute auf einem extremeren Niveau sind als 1999/2000.

Wie gehen wir jetzt mit dieser Information um?

Gehen wir davon aus, dass ich mich nicht täusche und wir uns wirklich in einer großen Blase befinden. Auch dann muss man sich bewusst machen, dass eine Blase nicht einfach so platzt. Es braucht einen Auslöser dafür.

Eine Pandemie reichte offensichtlich noch nicht aus. Eventuell reicht die Realisierung aus, dass wir uns vor allem wirtschaftlich in einer Jahrhundertkatastrophe befinden – wenn es überhaupt so ist. Aber wer weiß das schon – offensichtlich erscheint es nur wenigen zu sein.

Es kann also zwar sein, dass die Blase schon in den kommenden Wochen oder Monaten platzt. Aber es kann auch noch Jahre so weitergehen.

Für mich – als Anleger, der sich nicht mehr ganz am Anfang seines Anlegerlebens befindet – bedeutet diese Erkenntnis jedoch, dass jetzt nicht der schlechteste Zeitpunkt sein muss, sich Gedanken um sein Risiko bei Aktien zu machen. Ich würde lieber jetzt die eine oder andere Position zumindest teilweise stutzen, um im Fall der Fälle auf Schnäppchenjagd gehen zu können.

Außerdem würde ich jetzt mehr denn je genau darauf achten, in welche Aktien ich investiere. Dadurch muss man dann zwar (leider?) auf die sagenhaften Renditen verzichten, die man mit Tesla-Call-Optionen und Übernacht-Wetten auf stark leerverkaufte Aktien bekommt. Aber dafür muss man sich keinen Kopf darüber machen, wie man auf dieser Reise nach Jerusalem am Ende einer der wenigen ist, die auch einen Stuhl bekommen (= das „gewonnene“ Kapital auch behalten dürfen).

Denn wie lauten Warren Buffetts goldene Regeln für das Investieren noch einmal?

Regel Nummer 1: Verliere kein Geld.

Regel Nummer 2: Vergiss niemals Regel Nummer 1.

Diese Regeln scheinen im Moment die wenigsten Investoren zu beherzigen. Wahrscheinlich, weil es im aktuellen Marktumfeld schwer fällt, wirklich Geld zu verlieren, dafür umso einfacher, viel Geld zu verdienen. Ich würde jedoch erwarten, dass sich das wieder ändern wird.

Offenlegung: Bernd besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt und besitzt Aktien von Tesla. 

Foto: studiovin / Shutterstock.com

Das könnte dich auch interessieren

Neueste exklusive Artikel