Trotz Ukraine-Krieg: NRW-Regierung will Kohleausstieg 2030 schaffen

dpa-AFX · Uhr

DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Trotz offener Energiefragen in Folge des Ukraine-Krieges will die nordrhein-westfälische Regierung am Ziel festhalten, möglichst schon 2030 keine Braunkohle mehr zu verstromen. Die Krise müsse einen Schub auslösen, jetzt erneuerbare Energien, Netze und Speicher schneller voranzubringen, sagte Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) am Mittwoch in Düsseldorf.

Klimaschutz sei nun stärker mit Versorgungssicherheit und Freiheit der Gesellschaft verknüpft, betonte er nach einem Treffen mit Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden und Unternehmen. "Spätestens jetzt muss jedem bewusst sein, dass wir uns von den fossilen Energien auf Dauer werden trennen müssen."

Die Landesregierung spreche sich aber dafür aus, dass Kohlekraftwerke, die abgeschaltet wurden oder bald stillgelegt werden sollten, in die Kraftwerksreserve aufgenommen werden, sagte Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU). Pinkwart betonte, er bedaure, dass dies nicht auch für Kernenergie in Deutschland gelte.

In NRW stehe 2026 "ein Checkpoint" an, wie schnell der Ausstieg aus der Braunkohle tatsächlich möglich sei und ob fünf vom Abbaggern bedrohte Dörfer im rheinischen Revier vielleicht noch verschont werden könnten, sagte Pinkwart. Das setze aber voraus, dass das Land bis dahin massiv bei erneuerbaren Energien, Netzen und Speichern vorankomme.

Beim zweiten Spitzengespräch von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften zu den Folgen des Ukraine-Krieges sei es vor allem um vier Bereiche gegangen, berichtete Wüst: Abfedern der hohen Energiepreise, Unterstützung der Unternehmen, Unabhängigkeit in der Energieversorgung und robustere Lieferketten. Durch attraktivere Standortbedingungen müsse wieder mehr Produktion nach Deutschland und NRW geholt werden, sagte der Ministerpräsident. Dazu gehöre die Entbürokratisierung.

Landesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften in NRW seien sich einig, dass die angekündigten Entlastungspakete der Bundesregierung nicht ausreichten, um Menschen und Unternehmen vor den enormen Preissteigerungen zu schützen. Weitere Schritte müssten folgen.

Vor allem die energieintensiven Industrien seien auf Preis- und Versorgungssicherheit angewiesen, betonte Wüst. "Unsere Unternehmen brauchen Versorgungssicherheit auch für Gas und Kohle, nicht nur für Strom und Prozesswärme." Das gelte speziell für Schlüsselindustrien, die schwerpunktmäßig in NRW ansässig seien.

Gleichzeitig benötigten auch Pendler stärkere Entlastungen. Der Landesbezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Frank Löllgen, forderte einen sozialen Schutzschirm für die vielen Arbeitnehmer, die schon wegen der Corona-Pandemie Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit zu verkraften hätten.

Wüst und der Vorstand des Verbands der chemischen Industrie in NRW, Klaus Schäfer, mahnten zudem an, weiterhin von einem vollständigen Energie-Embargo gegen Russland Abstand zu nehmen. Dies würde zu irreparablen Schäden und dem Verlust Zehntausender Arbeitsplätze führen, sagte Wüst. "Die gegen Russland verhängten Sanktionen sollen Präsident Putin und seine Leute treffen, aber nicht die Menschen in Nordrhein-Westfalen."

Den Grünen sind die Ergebnisse des Gipfels zu vage. "Statt sich in Träumereien und Ankündigungen zu verlieren, muss Schwarz-Gelb endlich in den Krisenmodus schalten und alle landespolitischen Blockaden für den Ausbau erneuerbarer Energien tatsächlich aus dem Weg räumen", forderte Vizefraktionschefin Wibke Brems in einer Mitteilung./beg/DP/men

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