OTS: Börsen-Zeitung / Na endlich, Kommentar zu Siemens Gamesa von Michael Flämig

dpa-AFX · Uhr
    Na endlich, Kommentar zu Siemens Gamesa von Michael Flämig
Frankfurt (ots) - Siemens Energy arbeitet an einer Komplettübernahme der Tochter
Gamesa. Dies ist ein Deal mit Ansage, denn der Schritt war lange erwartet
worden. Mit der Ad-hoc-Mitteilung hat Siemens Energy - nachdem Infos über die
Vorbereitung der Transaktion durchgesickert waren - bewiesen, dass die Übernahme
eine überzeugende Logik hat. Denn es stieg nicht nur der Aktienkurs des
Übernahmeziels. Auch der potenzielle Käufer beendet den Börsenhandel mit einem
Kursplus von 1 % - eine ungewöhnliche Reaktion angesichts der Tatsache, dass die
Anleger nach der anfänglichen Bar-Finanzierung eine Kapitalerhöhung von Siemens
Energy nicht ausschließen können.

Siemens Energy muss nun bis zum Kapitalmarkttag am kommenden Dienstag Farbe
bekennen. Natürlich kann jedes M&A-Projekt auf den letzten Metern scheitern. In
diesem Fall allerdings wäre dies Harakiri. Nachdem der Kapitalmarkt das
Vertrauen in Gamesa verloren hat, käme die Reputation von Siemens Energy unter
die Räder. Außerdem ist Siemens Gamesa im Vergleich zu früheren Bewertungen ein
Schnäppchen. Der Aktienkurs ist seit Anfang 2021 bis kurz vor der Ankündigung um
fast zwei Drittel gesunken. Energy muss nun zugreifen.

Klar: Die Sache muss sich auch für die Aktionäre von Siemens Energy rechnen.
Ganz einfach dürfte dies nicht sein, ohne dass Investmentbanken künftige
Synergien über Gebühr hochjazzen. Denn Gamesa hat eine Serie von Gewinnwarnungen
hingelegt, die dem Konzern eine unrühmliche Ausnahmeposition in der
Firmenlandschaft sichern. Außerdem sind alle Windkraftanlagenhersteller
ökonomisch unter Druck. Andererseits liegt hier die Chance von Siemens Energy:
Mittels direktem Durchgriff die Integration der ehemaligen Siemens- und
Gamesa-Einheiten vollenden und die operativen Prozesse richtig ausrichten. Das
ist harte Arbeit, gewiss. Aber es ist kein Teufelswerk. Außerdem ist dieses
Vorgehen alternativlos. Langfristig überlebt Siemens Energy nur als Spezialist
für erneuerbare Energien.

Die Gretchenfrage ist die mittelfristige Finanzierung nach einem Bar-Kauf. Die
Siemens AG wird eine Kapitalerhöhung nicht zeichnen, weil der
Minderheitsaktionär seinen Energy-Anteil von 35 % reduzieren will. Für das
Management von Siemens Energy dürfte es kein Selbstläufer sein, angesichts der
Risiken im operativen Geschäft einen Ersatzinvestor zu finden. Der Konzern kann
zwar die Finanzierung von rund 4 Mrd. Euro stemmen, engt damit aber den
künftigen Spielraum ein. Auf die Lösung darf man gespannt sein.

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