Krieg und Inflation haben deutschen Automarkt im Griff

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Hamburg (Reuters) - Der Materialmangel und die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine haben den deutschen Automarkt fest im Griff.

Im Mai schrumpften die Pkw-Neuzulassungen um zehn Prozent auf rund 207.200 Fahrzeuge, wie am Freitag aus Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hervorging, das damit Informationen der Nachrichtenagentur Reuters bestätigte. Bereits in den beiden vorangegangenen Monaten waren die Autoverkäufe stark geschrumpft. "Das Problem mit der mangelnden Verfügbarkeit von Teilen ist so schnell nicht aus der Welt zu schaffen", sagte ein Branchenvertreter. Bis auf Mercedes-Benz und die Stellantis-Tochter Opel verbuchten alle großen deutschen Autobauer Verkaufsrückgänge.

"Der Abwärtstrend auf dem deutschen Automobilmarkt verfestigt sich im laufenden Jahr immer mehr", sagte Reinhard Zirpel, Chef des Importeursverbandes VDIK. Grund dafür seien die massiven, weltweiten Beeinträchtigungen der Lieferketten. Gleichzeitig erreichten die Auftragsbestände ein historisches Rekordniveau. "Das zeigt: Die Kunden wollen Autos kaufen, aber die Industrie kann nur eingeschränkt liefern."

Vor diesem Hintergrund müsse die Branche ihre Absatzziele für dieses Jahr überdenken, sagte ein Industrievertreter. "Es ist noch gar nicht absehbar, wo das Ende der Fahnenstange ist." In wirtschaftlich schwierigen Zeiten halten sich Käufer ohnehin mit größeren Anschaffungen zurück. Dieser Trend könnte sich nach Meinung von Branchenkennern durch die steigende Inflation noch verstärken. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hatte seine Prognose für 2022 bereits Anfang Mai nach unten korrigiert.

HERSTELLER DENNOCH ZUVERSICHTLICHER

Bei den Geschäftserwartungen sind die deutschen Autobauer dennoch deutlich zuversichtlicher als zuletzt. Das entsprechende Barometer des Münchner Ifo-Instituts kletterte im Mai auf plus 38,0 Punkte nach minus 20,5 im April. Grund sind die höheren Verkaufspreise, die die Hersteller bei dem knappen Angebot durchsetzen können. Außerdem verkaufen sie mehr größere Fahrzeuge mit teurer Ausstattung. Das zeigt sich auch in den Zulassungszahlen. Demnach legten die Verkäufe von SUVs und Fahrzeugen der Oberklasse zu, während Kompakt- und Kleinwagen deutlich weniger gefragt waren also vor Jahresfrist.

Die Produktion stieg laut VDA nach drei Rückgängen in Folge im Mai deutlich, weil mehr Fahrzeuge exportiert wurden. Der vergangene Monat hatte allerdings zwei Arbeitstage mehr als 2021. Seit Jahresbeginn rollten insgesamt rund 1,4 Millionen Wagen aus dem Fabriken der Autobauer, sechs Prozent weniger. Damit habe das Produktionsniveau in den ersten fünf Monaten um mehr als ein Drittel unter dem Vor-Corona-Jahr 2019 gelegen.

Die Neuzulassungen fielen nach Angaben des KBA seit Jahresbeginn um neun Prozent auf etwas mehr als eine Million Pkw. Bei den meisten Herstellern stand ein Zulassungsminus zu Buche.

(Bericht von Jan C. Schwartz. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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