Uniper will in der Gaskrise unter staatlichen Schutzschirm schlüpfen

Reuters · Uhr
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- von Tom Käckenhoff und Vera Eckert und Markus Wacket

Düsseldorf/Berlin (Reuters) - Der Energiekonzern Uniper schlägt als erster großer deutscher Versorger in der Gaskrise Alarm und bittet den Staat um Hilfe.

Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte am Donnerstag Gespräche mit Uniper über Stabilitätsmaßnahmen: "Diese dauern an. Anlass sind die stark gestiegenen Gaspreise und die reduzierten Liefermengen aus Russland infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine." Uniper hatte am Mittwochabend seine Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2022 zurückgezogen. Die Geschäftsentwicklung habe sich durch den Krieg in der Ukraine und die in der Folge stark reduzierten Gaslieferungen aus Russland spürbar verschlechtert. Die Aktie rutschte zeitweise mehr als 22 Prozent in den Keller.

"Daher sprechen wir jetzt mit der Bundesregierung erneut über Stabilisierungsmaßnahmen, für die eine Reihe von Instrumenten in Frage kommen wie zum Beispiel Garantie- und Sicherheitsleistungen, Erhöhung der aktuellen Kreditfazilität bis hin zu Beteiligungen in Form von Eigenkapital", sagte Uniper-Chef Klaus Dieter Maubach. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Ende des Nato-Gipfel in Madrid auf eine entsprechende Frage, die Bundesregierung sei grundsätzlich bereit, Firmen zu helfen, die wegen eines externen Schocks angeschlagen seien. "Das wird aber im Einzelfall zu prüfen sein", fügte er hinzu.

Konzernbetriebsratschef Harald Seegatz sprach sich für eine Staatsbeteiligung aus. "Das wäre aus finanzieller Sicht das Beste und auch weil wir absolut systemrelevant sind", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Die Beteiligung sollte im zweistelligen Bereich sein. "Möglicherweise könnte der Staat auch Hauptaktionär werden."

GASSPEICHER SPIELEN WICHTIGE ROLLE FÜR VERSORGUNGSSICHERHEIT

Uniper - eine Tochter des finnischen Fortum-Konzerns - ist der größte ausländische Kunde des russischen Gasriesen Gazprom. Das Unternehmen mit rund 11.500 Beschäftigten gehört zudem zu den größten Stromerzeugern in Deutschland. Die Düsseldorfer spielen auch mit ihren Gasspeichern eine wichtige Rolle bei der Absicherung der Versorgung Deutschlands im Winter und bei den Bemühungen, Deutschland und Europa unabhängig von russischen Gaslieferungen zu machen. "Als einer der größten Gasspeicherbetreiber in Europa sorgt Uniper Energy Storage dafür, dass Energie jederzeit dann flexibel zur Verfügung steht, wenn sie gebraucht wird", wirbt der Konzern. Er biete Zugang zu neun unterirdischen Gasspeichern in Deutschland, Österreich und Großbritannien.

Der Hilferuf Unipers dürfte den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, die Versorger zu entlasten. Sie hatte in der vergangenen Woche für die Gasversorgung die Alarmstufe ausgerufen. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grüne und FDP verzichteten aber darauf, die sogenannte Preisanpassungsklausel freizugeben. Diese würde es den Versorgern ermöglichen, die drastisch gestiegenen Gaspreise auf die Kunden abzuwälzen. Der finnische Mutterkonzern Fortum verwies darauf, Uniper mit Krediten und Garantien zu unterstützen. "Allerdings erfordert die Bewältigung und Lösung einer derart kritischen Situation nationale und branchenweite Anstrengungen in Deutschland."

Uniper erhalte seit dem 14. Juni lediglich 40 Prozent seiner vertraglich zugesicherten Gasmengen vom russischen Gazprom-Konzern, erklärte Finanzchefin Tiina Tuomela. Uniper müsse Stand heute davon ausgehen, dass das bereinigte Ebit und der bereinigte Nettogewinn für das 1. Halbjahr 2022 deutlich unter Vorjahr liegen würden. "Dies ist eindeutig eine Folge der Gaslieferbeschränkungen durch Gazprom, deren Ausmaß und Dauer aktuell nicht abzusehen sind." Daher nehme Uniper die Ergebnisprognose für das Gesamtjahr zurück und gebe bis auf Weiteres keinen neuen Ausblick.

Uniper muss die fehlenden Gasmengen am deutlich teureren Spotmarkt kaufen, um seinen Kundenverpflichtungen nachzukommen. Analysten schätzen, dass dies für den Konzern jeden Tag Mehrkosten zwischen 20 und 30 Millionen Euro zur Folge hat. In Gasmarktkreisen zirkulierte ein Ausschnitt aus einem mutmaßlichen Schreiben an Kunden, wonach Uniper Verträge neu aushandeln wolle. Der Konzern äußerte sich dazu zunächst nicht.

Uniper habe bereits Ende vergangenen Jahres durch die gestiegenen Preise einen deutlich höheren Liquiditätsbedarf gehabt, sagte Vorstandschef Maubach. "Um diesem zu begegnen, hatten wir bereits unsere Kreditlinien erweitert und unter anderem eine Fazilität der staatlichen KfW in Höhe von zwei Milliarden Euro erhalten, die wir bis heute nicht in Anspruch genommen haben." Uniper prüfe, wie die Liquidität der Gesellschaft weiter gesichert werden könne.

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