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dpa-AFX · Uhr
    Unberechenbar, Kommentar zu Siemens Gamesa von Michael Flämig
München (ots) - Siemens Gamesa ist eigentlich ein Hersteller von
Windkraftanlagen. Zuverlässig liefert das spanisch-deutsche Unternehmen seit
seiner Gründung im Jahr 2017 jedoch vor allen Dingen eines: schlechte
Nachrichten. Am Dienstag war es wieder einmal so weit. Nachdem bisher die
landgestützten Räder neuester Bauart für Sonderbelastungen in dreistelliger
Millionenhöhe gesorgt hatten, bezifferte der Vorstand die Kosten der Mängel an
allen anderen Onshore-Reihen ebenfalls auf einen dreistelligen Millionenbetrag.
Diese 113 Mill. Euro treiben den Verlust im Geschäftsjahr auf ein noch höheres
Niveau, als der Vorstand ohnehin vorhergesagt hatte.

In der Disziplin Prognosesenkung ist Siemens Gamesa also Weltklasse. Wie ein
derartiges Desaster in einem oligopolistischen Markt möglich ist, dürfte Stoff
für einige Masterarbeiten in Betriebswirtschaftslehre liefern. Schließlich geht
es der gesamten Branche trotz des Hypes um erneuerbare Energie schlecht. Dies
sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Gamesa sich die Suppe zu einem
Gutteil selbst eingebrockt hat. Den Anteil hausgemachter Zutaten schätzt der
neue Vorstandschef Jochen Eickholt auf zwei Drittel.

Dem Kapitalmarkt kann dies vorerst alles egal sein. Denn der Gamesa-Kurs ist
zementiert, seitdem Siemens Energy die Übernahmeofferte beziffert hat. Das
formelle Angebot dürfte demnächst folgen. Für die Investoren wichtiger ist, wie
die Kapitalerhöhung von Siemens Energy für den Zukauf ausfällt. Der aktuelle
Aktienkurs ist mit rund 15 Euro je Aktie auch historisch gesehen extrem niedrig.

Die Energy-Anleger sind also durchaus interessiert an der Frage, ob Eickholt
nach Amtsantritt nur ausgemistet hat oder diese neue Sonderbelastung ein Vorbote
von mehr Enttäuschungen ist. Die Tatsache, dass auch für Posten im Auftragsbuch
vorgesorgt wurde, spricht für die erste Variante. Trotzdem bleibt der Konzern
unberechenbar. Er hat die Fusion aus Gamesa- und Siemens-Einheiten nie richtig
vollzogen, die Onshore- und Offshore-Sparten werkeln nebeneinander her. Die
Tatsache, dass das Auftragsbuch im dritten Quartal mit 34 Mrd. Euro ein
Rekordhoch erreicht hat, kann angesichts dieser Dysfunktionalitäten auch ein
Fluch sein.

Immerhin gibt es erste positive Signale. Der durchschnittliche Verkaufspreis der
Onshore-Turbinen pro Megawatt stieg zuletzt auf 0,89 Mill. Euro. Letztmals hatte
der Konzern 2015/16 mit 0,9 Mill. Euro mehr erreicht. Und die Preise legen
weiter zu. Erneuerbare Energien stehen vor goldenen Zeiten. Unklar ist nur, wann
diese für Gamesa beginnen.

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