Anleger in Europa tasten sich weiter vor - Banken gefragt

Frankfur (Reuters) - Immer mehr Anleger lassen die Furcht vor weiteren Banken-Pleiten hinter sich und decken sich wieder mit Finanztiteln ein.
Der Dax und sein europäisches Pendant EuroStoxx50 zogen am Dienstag knapp ein halbes Prozent auf 15.180 beziehungsweise 4178 Zähler an. "Die Bankenkrise tritt zumindest für den Moment etwas in den Hintergrund", sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. "Ob das für eine längere Erholung am Aktienmarkt ausreicht, muss sich jedoch erst zeigen."
Nach dem Einbruch in der vergangenen Woche erholten sich Titel der Deutschen Bank zunächst weiter und stiegen um bis zu 2,2 Prozent, bevor sie im Handelsverlauf mehr als zwei Prozent ins Minus drehten. Am Markt werde zunehmend auf das Exposure der Deutschen Bank im Immobiliensektor verwiesen, sagte ein Händler. Die Commerzbank hielt sich dagegen im Plus. Der europäische Bankenindex lag rund ein halbes Prozent fester. Die Übernahme der kollabierten Silicon Valley Bank durch die US-Bank First Citizens hatte zum Wochenanfang weltweit die Gemüter beruhigt.
Nach den Turbulenzen der vergangenen Wochen hätten jedoch viele deutsche Sparer das Vertrauen in die vom Staat gesicherte Spareinlage verloren, sagte RoboMarkets-Stratege Jürgen Molnar. "Wenn ein Großteil der Bevölkerung so verunsichert ist, besteht ein deutlich höheres Risiko, dass die Kunden schon bei der kleinsten Unsicherheit in einem Bank Run ihre Konten leerräumen." Auch wenn sich die Nervosität an der Börse etwas gelegt habe, sei das Thema deshalb noch nicht ausgestanden.
SICHERE ANLAGEN WENIGER GEFRAGT
Nach dem von den US-Behörden unterstützten Deal für die Silicon Valley Bank ebbte das Interesse an sicheren Anlagen weiter ab. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, gab um 0,2 Prozent auf 102,52 Punkte nach. Auch um Staatsanleihen machten Investoren einen Bogen. Im Gegenzug zog die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auf bis zu 2,308 Prozent an.
Die abnehmende Furcht vor einer Bankenkrise zerstreute am Rohölmarkt die Sorge, dass finanzielle Turbulenzen der Wirtschaft schaden und die Nachfrage nach Treibstoff drosseln könnte. Die Sorte Brent aus der Nordsee und US-Leichtöl verteuerten sich um jeweils ein halbes Prozent auf 78,50 Dollar beziehungsweise 73,26 Dollar pro Barrel.
AROUNDTOWN AUF REKORDTIEF
Aus den Depots flogen erneut Immobilienwerte. Der europäische Branchenindex gab 2,7 Prozent auf den niedrigsten Stand seit mehr als fünf Monaten nach. Aroundtown brachen in der Spitze um 11,6 Prozent auf ein frisches Rekordtief ein. Händler befürchteten, dass der Immobilienkonzern seine Dividende streichen könnte, nachdem schon Grand City Properties diese ausgesetzt hatte.
Sorgen um die Lage des Immo-Sektors ließen auch Vonovia um rund fünf Prozent auf den niedrigsten Wert seit mehr als neun Jahren fallen. Damit führte Deutschlands größter Immobilienkonzern, der zuletzt die Dividende gekürzt hatte, die Liste der Dax-Verlierer an. Der Branche machen vor allem die Folgen der gestiegenen Zinsen und die nach oben geschossenen Baukosten zu schaffen.
Anteilsscheine der Ocado Group büßten unterdessen nach anfänglichen Kursgewinnen in London rund fünf Prozent ein. Der Einzelhandelszweig von Ocado sei angesichts der sprunghaft gestiegenen Lebenshaltungskosten in einer schwierigen Position, konstatierte ein Analyst von Hargreaves Landown. RBC-Analysten werteten zudem die mittelfristigen Ziele als ehrgeizig.
(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)