UBS koppelt sich vom Staat ab - Steuerzahler und Anleger atmen auf

Reuters · Uhr

Zürich (Reuters) - Die UBS kappt das staatliche Sicherheitsnetz für die Notübernahme der Credit Suisse: Die Schweizer Großbank verzichtet auf Verlustübernahme-Garantien und Notfall-Darlehen für den größten Banken-Deal seit der Finanzkrise im Gesamtvolumen von bis zu 209 Milliarden Franken.

"Bei unserem historischen Zusammenschluss mit der Credit Suisse haben wir einen weiteren wichtigen Meilenstein erreicht", erklärten Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher und Konzernchef Sergio Ermotti am Freitag. Damit können die Schweizer Steuerzahler aufatmen. Auch die Investoren reagierten erleichtert, weil sich die Credit Suisse offenbar stabilisiert hat. Die UBS-Aktien legten deutlich zu.

Die UBS habe die Schweizer Regierung offiziell informiert, dass sie die zur Rettung der Credit Suisse vereinbarten Unterstützungsmechanismen mit sofortiger Wirkung nicht mehr in Anspruch nehme, so die Firmenlenker in einer Mitteilung an die Mitarbeiter. "Ab heute trägt der Bund und damit die Steuerzahlenden kein Risiko mehr in Bezug auf die Staatsgarantie", sagte die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter.

Im März hatte ein Bankensturm bei der Credit Suisse zu Abflüssen von Dutzenden Milliarden Franken an Kundengeldern geführt und die Nummer zwei des Landes an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Die Regierung orchestrierte eine Notübernahme durch den Branchenprimus UBS, die in umfangreiche Absicherungen und Darlehen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) eingebettet war. So sollte die UBS zwar die ersten fünf Milliarden Franken an Verlusten aus der Abwicklung von Credit-Suisse-Aktiven übernehmen, die nicht zum Geschäft und zum Risikoappetit der UBS passen. Darüber hinausgehende Verluste im Umfang von bis zu neun Milliarden Franken hätte aber der Schweizer Staat übernommen. Nach einer vertieften Prüfung kam die UBS nun offenbar zu dem Schluss, das sie die Belastungen aus dem Verkauf des Portfolios an Derivaten, Darlehen und strukturierten Produkten der Credit Suisse auch in einem schweren Stressszenario selbst tragen kann.

KUNDEN HALTEN BANK DIE TREUE

Die SNB stellte für die Rettungsaktion unter Notrecht zwei Liquiditätshilfe-Darlehen im Volumen von bis zu 200 Milliarden Franken zur Verfügung. Auf dem Höhepunkt beanspruchte die Credit Suisse davon 120 Milliarden Franken. Bis Ende Mai wurden der sogenannte Public Liquidity Backstop, eine vom Bund abgesicherte Liquiditätshilfe der SNB mit einer Obergrenze von 100 Milliarden Franken, zurückbezahlt, im August folgte nun auch die Emergency Liquidity Assistance Plus (ELA+) von ebenfalls bis zu 100 Milliarden Franken. Damit seien sämtliche notrechtlich geschaffenen Liquiditätshilfen zurückgeführt, so die UBS. "Dies unterstreicht die Stärke von UBS sowie die Kompetenz, welche die Mitarbeitenden beider Banken in den letzten Monaten unter Beweis gestellt haben." Auch die SNB begrüßte den Schritt.

An der Börse kletterten UBS um fast fünf Prozent. "Die größten Risiken haben wir stets darin gesehen, dass noch Leichen im CS-Keller liegen", erklärte Daniel Bosshard, Analyst der Luzerner Kantonalbank. "Diese dunkle Wolke scheint sich langsam aufzulösen". Auch sein Kollege Andreas Venditti von der Bank Vontobel sprach von einem positiven Signal: "Die Nachricht dürfte die politische Debatte um die potenzielle 'Gefahr' einer neuen UBS für die Schweiz beruhigen."

Die Bilanzsumme des fusionierten Instituts ist rund doppelt so groß wie die Wirtschaftsleistung der Schweiz. Dies weckte Befürchtungen, dass der Schweizer Staat eine mögliche Schieflage der UBS in Zukunft nicht auffangen könnte. Schon die alte UBS musste 2008 vom Staat gerettet werden. Die Regierung werde sich bemühen, die von der Großbank ausgehenden Risiken für den Staat, die Gesellschaft und die Wirtschaft zu beschränken, erklärte Keller-Sutter. "Aber es gibt immer ein Restrisiko."

Auch Kelleher und Ermotti mahnten die Belegschaft, dass bei der Integration der Credit Suisse noch viel Arbeit warte. "Diesen Pokal müssen wir erst gewinnen, wir bekommen ihn nicht geschenkt." Sie seien aber zuversichtlich. Die Kunden hielten den beiden Banken die Treue.

(Bericht von Oliver Hirt und Noele Illien; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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