Scholz gibt Iran Mitschuld für Hamas-Angriff auf Israel

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- von Andreas Rinke und Alexander Ratz

Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz und mehrere im Bundestag vertretene Parteien haben Iran mitverantwortlich für den Hamas-Angriff auf Israel gemacht und wollen den Kurs gegenüber dem Regime in Teheran verschärfen.

"Wir haben bisher zwar keine handfesten Belege dafür, dass Iran diesen feigen Angriff der Hamas konkret und operativ unterstützt hat", sagte Scholz am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. "Aber uns allen ist klar: Ohne iranische Unterstützung über die letzten Jahre wäre die Hamas zu diesen präzedenzlosen Angriffen auf israelisches Territorium nicht fähig gewesen." Er kündigte zugleich ein Betätigungsverbot der radikal-islamischen Hamas und ein Verbot der pro-palästinensischen Organisation Samidoun an.

Der Bundestag zeigte sich in der Debatte um den Überfall auf Israel, bei dem mehr als 1200 Menschen allein in Israel getötet wurden, seltene Einigkeit. Als der israelische Botschafter Ron Prosor begrüßt wurde, erhoben sich die Abgeordneten sowie die Regierungsmitglieder und applaudierten. Scholz kündigte an, dass es derzeit nur einen Platz für Deutschland gebe und der sei an der Seite Israels. Mehrere Redner betonten mit Blick auf die Vergeltungsanschläge auf Hamas-Stellungen im Gaza-Streifen, dass Israel das Recht habe, sich zu verteidigen.

CDU-Chef Friedrich Merz lobte ebenso wie FDP-Fraktionschef Christian Dürr und Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge den Schulterschluss von Regierung und Opposition. Der Bundestag beschloss einen gemeinsamen Antrag von SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP, in dem unter anderem eine EU-Listung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation gefordert wird.

"Sollte sich eine Mittäterschaft des Iran abzeichnen, könnten über den Ölpreis spürbare Auswirkungen auf die Weltkonjunktur folgen", sagte Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis bei der IWF-Herbsttagung in Marrakesch. "Vieles wird davon abhängen, ob dieser schreckliche Krieg regional begrenzt werden kann."

WARNUNG AN ANDERE STAATEN IN DER REGION

Scholz warnte alle Länder in der Region, Israel anzugreifen. "Unsere Botschaft ist klar: Es wäre ein unverzeihlicher Fehler", sagte der Kanzler und erwähnte vor allem die radikal-islamische Hisbollah im Libanon. Er werde sich etwa mit Katar, Ägypten, der Türkei und Jordanien abstimmen. "Es wäre unverantwortlich, in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu nutzen, die helfen können", sagte er mit Blick auf das umstrittene Treffen am Donnerstag mit dem Emir von Katar. Diesem wird eine Unterstützung der Hamas vorgeworfen. "Wir tun dies im Übrigen in enger Abstimmung mit Israel und für diejenigen, die von der Hamas entführt wurden", sagte Scholz zur Kritik an dem Treffen mit Hinweis auf die Bemühungen um eine Geiselbefreiung.

Zugleich kündigte der Kanzler eine Überprüfung der gesamten Entwicklungshilfe in den Palästinensischen Gebieten an. "Wo bleibt die klare Verurteilung der terroristischen Gewalt durch die Autonomiebehörde und durch ihren Präsidenten, Mahmud Abbas?", fragte er und fügte hinzu: "Ihr Schweigen ist beschämend." Im Gazastreifen werde das Leid und die Not der Zivilbevölkerung eher noch wachsen. "Auch dafür trägt die Hamas mit ihrem Angriff auf Israel Verantwortung."

Der AfD-Politiker Alexander Gauland kritisierte, dass deutsche Entwicklungshilfe der Hamas wohl teilweise beim Waffenkauf geholfen habe. Die Bundesregierung hat diesen Vorwurf bereits mehrfach zurückgewiesen. Gauland und Linken-Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch betonten, dass der Hamas-Überfall kein Freiheitskampf der Palästinenser, sondern Barbarei sei.

HARTE LINIE IM INLAND

Der Kanzler kündigte zugleich ein hartes Vorgehen gegen antisemitische Aktionen in Deutschland an. "Hass und Hetze nehmen wir nicht tatenlos hin. Antisemitismus dulden wir nicht. Null Toleranz gegenüber Antisemiten – das müssen und werden unsere Sicherheitsbehörden mit aller Konsequenz durchsetzen", sagte er. "Wer die Verbrechen der Hamas verherrlicht oder ihre Symbole verwendet, macht sich in Deutschland strafbar." Dasselbe gelte für das Verbrennen israelischer Flaggen oder die Unterstützung der Hamas. Auch CDU/CSU-Fraktionschef Merz forderte eine harte Linie, bei der auch Ausweisungen geprüft werden müssten.

Das Bundesinnenministerium teilte mit, dass das Betätigungsverbot der Hamas und das Verbot von Samidoun "schnellstmöglich" umgesetzt würden. Deutschland habe eine besondere Verantwortung, eine Bedrohung von Jüdinnen und Juden mit aller Konsequenz zu bekämpfen, sagte Innenministerin Nancy Faeser. "Daher senden wir mit den Verboten das eindeutige Signal, dass jede Solidarisierung, jede Unterstützung des Terrors der Hamas von uns entschieden unterbunden wird", sagte Faeser.

Der Kanzler hatte bereits am Donnerstagabend um die "Unterstützung aller Bürgerinnen und Bürger" gebeten, um die Sicherheit der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger gemeinsam zu gewährleisten. Für Freitag wird mit möglichen Aktionen pro-palästinensischer Gruppen gerechnet.

(Mitarbeit Christian Krämer, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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