Kämpfe bei weiterer Gaza-Klinik - Frühchen treffen in Ägypten ein

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2023. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

- von Nidal al-Mughrabi und Dan Williams

Gaza/Jerusalem (Reuters) - Im Norden des Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben Kämpfe um ein weiteres Krankenhaus ausgebrochen.

Israelische Panzer kreisten das Gelände einer indonesisch-finanzierten Klinik ein, wie die von der radikal-islamischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden am Montag mitteilten. Bei Schüssen auf den Komplex seien mindestens zwölf Palästinenser getötet und Dutzende verletzt worden. Die israelische Armee erklärte, "Terroristen" hätten in der Nacht Soldaten aus dem Krankenhaus heraus beschossen. In Ägypten trafen einem Medienbericht zufolge 28 Frühgeborene aus dem Al-Schifa-Krankenhaus zur medizinischen Behandlung ein. In dem größten Krankenhaus des Gazastreifens war der medizinische Betrieb zum Erliegen gekommen, nachdem es dort zu Kämpfen gekommen und der Treibstoff ausgegangen war.

Im Indonesischen Krankenhaus befanden sich nach palästinensischen Angaben 700 Patienten und Mitarbeiter. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete, das Krankenhaus sei unter Artilleriebeschuss geraten. Dies wies die israelische Armee (IDF) zurück. "Über Nacht eröffneten Terroristen das Feuer aus dem Indonesischen Krankenhaus in Gaza heraus auf IDF-Truppen, die außerhalb des Krankenhauses operierten", hieß es in einer Stellungnahme an die Nachrichtenagentur Reuters. Als Reaktion hätten die Soldaten "auf den genauen Ursprung des feindlichen Feuers" gezielt.

Klinik-Mitarbeiter erklärten, es befänden sich auf dem Gelände keine bewaffneten Extremisten. Die indonesische Außenministerin Retno Marsudi warf Israel vor, das Krankenhaus angegriffen und damit einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht begangen zu haben. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, zeigte sich entsetzt. Israels Militär hat unter anderem im Zusammenhang mit dem Vorgehen rund um die Al-Schifa-Klinik erklärt, dass seine Streitkräfte "Terror-Infrastruktur" der Hamas dort ins Visier nähmen. Es wirft der Organisation vor, unter anderem in Krankenhäusern Kommandozentralen zu unterhalten und Zivilisten als menschliche Schutzschilder zu missbrauchen. Die Hamas bestreitet dies.

Wie alle anderen Gesundheitseinrichtungen in der nördlichen Hälfte des Gazastreifens hat auch das Indonesische Krankenhaus, das 2016 mit Mitteln indonesischer Organisationen gegründet wurde, seinen Betrieb weitgehend eingestellt. Es beherbergt jedoch weiter Patienten, Personal und geflüchtete Bewohner. Israel hat zur vollständigen Evakuierung des nördlichen Gazastreifens aufgerufen. Tausende Zivilisten blieben jedoch, viele suchten Schutz in Krankenhäusern. Während des seit mehr als sechs Wochen tobenden Kriegs sind in dem gesamten Küstengebiet Treibstoff und Medikamente zur Neige gegangen.

Heftige Kämpfe tobten Zeugen zufolge im Norden auch zwischen Hamas-Mitgliedern und israelischen Streitkräften, die den Angaben nach versuchten, in das Flüchtlingslager Dschabalia vorzudringen. Dort leben etwa 100.000 Menschen. Nach israelischer Darstellung ist Dschabalia eine Hochburg der Hamas. Am südlichen Ende des Gazastreifens wurden zudem nach Angaben der Gesundheitsbehörden in Gaza mindestens 14 Palästinenser bei zwei israelischen Luftangriffen auf Häuser in der Stadt Rafah getötet. Das Militär veröffentlichte zusammen mit einer Erklärung Videoaufnahmen von Luftangriffen und Soldaten, die von Haus zu Haus ziehen. Den Angaben zufolge wurden drei Hamas-Befehlshaber und eine Gruppe palästinensischer Kämpfer getötet. Genaue Angaben zum Ort des Geschehens wurden nicht gemacht.

FRÜHCHEN IN ÄGYPTEN

Über den Grenzübergang Rafah wurden zuletzt immer wieder Inhaber ausländischer Pässe und Schwerkranke nach Ägypten gelassen. Am Montag kamen Frühgeborene aus der Al-Schifa-Klinik an, wie der ägyptische Fernsehsender Al-Kahera berichtete. In einer Live-Übertragung war zu sehen, wie medizinisches Personal vorsichtig Säuglinge aus einem Krankenwagen hob und sie in mobile Inkubatoren legte, die dann über einen Parkplatz zu anderen Krankenwagen gerollt wurden. Die Kinder waren am Sonntag zunächst in ein Krankenhaus in Rafah gebracht worden, um ihren Zustand vor dem Weitertransport nach Ägypten zu stabilisieren.

Der Krieg begann am 7. Oktober nach einem Überraschungsangriff der Hamas auf Israel, bei dem die Islamisten 1200 Menschen töteten und etwa 240 Geiseln nahmen. Israel marschierte als Reaktion in den Gazastreifen ein. Inzwischen sind dort den palästinensischen Behörden zufolge mindestens 13.000 Menschen getötet worden. Nach UN-Angaben sind zwei Drittel der 2,3 Millionen Menschen in dem dicht besiedelten Küstenstreifen obdachlos.

(Geschrieben von Christian Rüttger und Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Neueste exklusive Artikel