Briefmarkt wird reformiert - Briefe könnten länger brauchen

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Düsseldorf (Reuters) - Die Deutsche Post soll mehr Zeit für die Zustellung von Briefen erhalten, zugleich sollen diese die Verbraucher aber zuverlässiger erreichen.

Dies geht aus einem am Freitag vorgelegten Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für ein neues Postgesetz hervor, der auch auf mehr Wettbewerb und auf neue Kompetenzen für die Bundesnetzagentur setzt. Die Pläne dürften damit auch deutliche Auswirkungen auf den Marktführer Deutsche Post haben. Denn der Regulierer soll künftig etwa auch effektiver gegen "wettbewerbswidrige Preissetzungen" vorgehen können. Wettbewerber der Post hatten dem Konzern im Großkundengeschäft immer wieder Preisdumping vorgeworfen.

Mit Blick auf das Briefporto solle das bisherige Verfahren zur Preisbestimmung erhalten werden, Details würden aber angepasst. Damit kann die Post ab 2025 ein höheres Porto bei der Netzagentur beantragen. Die Novelle soll nach den Plänen des Ministeriums noch in diesem Jahr im Kabinett verabschiedet werden.

Die Brieflaufzeiten sollten "angemessen verlängert" werden, schlägt das Ministerium vor – und gleichzeitig die Zuverlässigkeit der Zustellung erhöht werden. Aktuell müssen mindestens 80 Prozent der Briefsendungen in Deutschland am folgenden Werktag ausgeliefert werden, 95 Prozent müssen nach zwei Werktagen beim Empfänger ankommen. Das soll sich nach den Plänen des Ministeriums ändern. Künftig sollen Standardbriefsendungen zu 95 Prozent am dritten Werktag nach Einwurf und zu 99 Prozent am vierten Werktag den Empfänger erreichen. Damit könnte die Post in Zukunft auch auf Nachtflüge in der Briefzustellung verzichten - denn nur so ließen sich die bisherigen Ziele erreichen. Bei längeren Brief-Fristen wären die Flüge nicht mehr nötig. Denkbar sind anhand der neuen Vorschläge nun auch Modelle, nach denen Verbraucher für eine garantiert schnelle Zustellung am nächsten Tag mehr zahlen. Solche Modelle für teurere Express-Briefe hatte die Post bereits ins Spiel gebracht.

Um einen fairen Wettbewerb im deutschen Briefmarkt zu sichern, will das Ministerium der Bundesnetzagentur neue Möglichkeiten zur Sanktionierung - etwa mit Bußgeldern - geben. Beim Briefporto will das Ministerium das bisherige Verfahren beibehalten, bei dem die Bundesnetzagentur der Post bei Privatkunden die Preise genehmigen muss. Details sollen sich aber ändern. Der Universaldienst soll der Post so angemessene Gewinne bringen, damit sie investieren kann. Der Entwurf des Ministeriums enthält Insidern zufolge aber auch Klauseln, die faktisch für einen Preisdeckel sorgen und übermäßige Erhöhungen verhindern sollen. Die Post kann ab 2025 wieder ein höheres Porto beantragen. Im Wettbewerb mit Konkurrenten muss sich die Post zudem darauf einstellen, dass Rabatte für Geschäftskunden schwieriger werden. Denn die Kosten für Konzerne sollen nicht deutlich sinken, wenn die Kosten für die Verbraucher gleichzeitig stiegen.

Die Post ist Platzhirsch im deutschen Briefmarkt und beschäftigt in ihrem Brief- und Paketgeschäft in Deutschland rund 192.000 Menschen. Doch die Briefmengen sinken. Der Bonner Konzern hatte in den ersten neun Monaten im Brief- und Paketgeschäft in Deutschland bei einem stagnierenden Umsatz und schrumpfenden Briefmengen einen Gewinneinbruch verbucht. Den Löwenanteil seiner Gewinne fährt er aber längst abseits des deutschen Briefgeschäfts ein.

Der neue Post-Chef Tobias Meyer kämpft nun mit den Folgen sinkender Mengen, steigenden Kosten etwa für Personal oder Energie sowie anstehender Investitionen für den grünen Umbau des Geschäfts. Die Post hatte bereits erfolglos versucht, das Briefporto vorzeitig zu erhöhen - dem hatte die Bundesnetzagentur zum Ärger Meyers aber einen Riegel vorgeschoben. 2025 kann Meyer nun einen neuen Anlauf nehmen.

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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