Insider - Verhärtete Fronten bei EU-LKW-Klimaauflagen nach Kanzleramts-Konferenz

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- von Markus Wacket

Berlin (Reuters) - Der Regierungsstreit um die EU-Flottengrenzwerte für Lkw hat sich Insidern zufolge nach einer Video-Konferenz mit dem Kanzleramt eher zugespitzt.

Die Positionen seien unverändert, sagten Teilnehmer der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) bleibe bei seiner Ablehnung der eigentlich bereits ausverhandelten CO2-Grenzwerte für Lkw und Busse ab 2040. Damit steht die für Freitag geplante neue Abstimmung in Brüssel auf der Kippe. Das Kanzleramt habe deutlich gemacht, dass man dem von Kommission, Parlament und EU-Staaten erzielten Kompromiss zustimmen wolle. Auch die Lkw-Hersteller wie Daimler oder Traton hätten sich in der vom Kanzleramt organisierten Video-Konferenz klar dafür ausgesprochen. Sie bräuchten jetzt Investitionssicherheit für den Bau der nächsten Lkw-Generation.

Das Kanzleramt äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht, Verkehrs- und das federführende Umweltministerium verwiesen lediglich auf laufende Gespräche. Regierungskreisen zufolge will das Kanzleramt noch einmal im direkten Gespräch mit den Spitzenvertretern der FDP-Ministerien eine Lösung finden. Allerdings zeigten sich die Vertreter skeptisch, dass es zu der bereits von Mittwoch auf diesen Freitag verschobenen Abstimmung bleibt. Vermutlich werde sie nochmals verschoben werden müssen.

Der EU-Kompromiss vom Januar sah auch mit dem Ja Deutschlands vor, dass neue Lkw ab 2040 verglichen mit 2019 dann 90 Prozent weniger CO2 ausstoßen sollen - genauer müssen 90 Prozent emissionsfrei und damit vorwiegend elektrisch oder mit grünem Wasserstoff fahren. Die übrigen 10 Prozent könnten noch mit Diesel betrieben werden.

Wissing hatte dann überraschend kurz vor der formalen Abstimmung gefordert, dass klimaneutrale sogenannte E-Fuels angerechnet werden können. Ohne eine Einigung in der Regierung muss sich Deutschland enthalten, was wie eine Nein-Stimme wirkt. Italien will das Vorhaben unterstützen und kämpft für die Anrechnung von Biokraftstoffen, obwohl dies bereits im Oktober abgelehnt wurde. Zusammen mit einigen osteuropäischen Staaten gäbe es dann eine Sperrminorität.

DRITTE FDP-BLOCKADE BEI EU IN EINEM JAHR

Das Vorgehen Wissings erinnert zum einen an jenes vor einem Jahr, als er die Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus ab 2035 blockierte. Auch damals setzte sich Wissing für E-Fuels ein. Das Verbrenner-Aus wurde letztlich dennoch beschlossen. Eine eigene E-Fuels-Kategorie bei den Pkw, wie von Wissing angepeilt, ist dagegen weiter offen. Zuletzt blockierten zudem die FDP-Minister in der Regierung eine Einigung auf das EU-Lieferkettengesetz.

Anders als beim Lieferkettengesetz hat Wissing diesmal jedoch wenig Unterstützung aus der Wirtschaft: Der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) hatte sich bereits für ein Ja zum Kompromiss ausgesprochen und auch auf die Planungssicherheit verwiesen.

Kritisch ist für das Vorhaben, dass die EU angesichts der bevorstehenden Wahlen im Juni nur noch wenig Zeit für einen neuen Kompromiss hätte. Die Flottengrenzwerte für Lkw sind ein zentraler und einer der letzten Bausteine des EU-Klimaschutzpakets "Fit-for-55".

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