EU-Staaten wollen Militärhilfe für Ukraine absichern

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- von Andreas Rinke und Gabriela Baczynska

Brüssel (Reuters) - Die 27 EU-Staaten wollen die Finanzierung der Militärhilfe für die Ukraine auf sicherere Beine stellen.

So soll in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden, wie die Zinsen aus eingefrorenem russischem Vermögen für Waffenkäufe für die Ukraine genutzt werden können, beschloss der EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Bis zum 1. Juli könnte die erste Milliarde eingesetzt werden, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die EU-Kommission rechnet insgesamt mit Zinserträgen von bis zu drei Milliarden Euro pro Jahr. Mit dem Geld könnte etwa der weltweite Ankauf von Munition für die Ukraine finanziert werden.

Der EU-Gipfel bekräftigte am Abend, man werde die Ukraine so lange wie nötig unterstützen. Am Nachmittag war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zum Gipfel dazugeschaltet worden. Er hatte nicht nur mehr Luftabwehrsysteme gefordert, sondern es auch als "erniedrigend" bezeichnet, dass die Europäer bisher nicht in der Lage sind, genügend Munition für die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland zu produzieren.

Scholz hatte zu Gipfelbeginn betont, dass alle EU-Staaten auch bilateral mehr tun sollten. Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas hatte vorgeschlagen, dass jedes Land 0,25 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Militärhilfe für die Ukraine zur Verfügung stellen soll. Davon sind die meisten der 27 EU-Staaten aber weit entfernt. Etliche EU-Länder haben mit Budgetproblemen zu kämpfen.

Von der Leyen sagte, ihre Behörde werde einen Vorschlag für Einfuhrzölle auf Getreide und Ölsaaten aus Russland und Belarus in die EU vorlegen. Dies gilt als Alternative zu den Zöllen auf ukrainisches Getreide, die etwa Polen gefordert hatte. Unter anderem Deutschland hatte aber argumentiert, dass es zum Schutz der Bauern in der EU wenig sinnvoll sei, dabei die ukrainischen Landwirte zu bestrafen. "Es wird verhindern, dass russisches Getreide den EU-Markt für diese Produkte destabilisiert", sagte von der Leyen. Zudem hindere man Russland daran, die Einnahmen aus Exporten dieser Produkte in die EU zu verwenden. Und es werde sichergestellt, dass illegale russische Exporte von gestohlenem ukrainischem Getreide nicht in die EU gelangten.

Der EU-Gipfel forderte zudem Länder wie den Iran auf, "unverzüglich" die materielle Unterstützung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine einzustellen. Man sei äußerst besorgt über Berichte, dass der Iran möglicherweise ballistische Raketen und zugehörige Technologie an Russland zum Einsatz gegen die Ukraine transferiere. "Sollte Iran dies tun, ist die Europäische Union bereit, rasch und in Abstimmung mit internationalen Partnern zu reagieren, unter anderem mit neuen und erheblichen restriktiven Maßnahmen gegen Iran", heißt es in der Gipfelerklärung in Andeutung weiterer Sanktionen.

STÄRKUNG DES VERTEIDIGUNGSSEKTORS

In der Gipfelerklärung heißt es zudem, dass der Zugang der europäischen Rüstungsindustrie zu öffentlichen und privaten Finanzmitteln verbessert werden soll. Hintergrund sind die Versuche, die Rüstungsproduktion angesichts der russischen Hochrüstung schnell nach oben zu fahren. Die Europäische Investitionsbank (EIB) wird deshalb aufgefordert, ihre Politik für die Kreditvergabe an die Rüstungsindustrie und ihre derzeitige Definition von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck für zivile und militärische Nutzung anzupassen. Dabei soll sie aber darauf achten, dass sie ihre Bonität erhält. Hintergrund ist unter anderem, dass Investitionen in den Verteidigungssektor nicht als "nachhaltig" eingestuft werden. Zuvor hatten 14 EU-Staaten, darunter Deutschland und Frankreich, gefordert, dass sich die EIB im Rüstungssektor engagieren soll.

Bis Juni sollen zudem "alle Optionen zur Mobilisierung von Finanzmitteln" für den Rüstungssektor geprüft werden. Hinter dieser Formulierung steckt der ungelöste Streit um die Einführung gemeinsamer Anleihen im Rüstungsbereich. Diese werden etwa von Frankreich gefordert, von Deutschland und den Niederlanden aber abgelehnt.

(Mitarbeit von Jan Strupczewski und Andrew Gray; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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