Ampel einigt sich auf neues Klimaschutzgesetz und Solarpaket

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- von Markus Wacket

Berlin (Reuters) - Die Ampelfraktionen haben sich nach monatelangem Ringen auf ein neues Klimaschutzgesetz verständigt.

Mit dem flexibleren Gesetz ohne starre Sektorziele für den Treibhausgas-Ausstoß sei auch der Weg für das geplante Paket zur Solarförderung frei, teilten die drei Ampelfraktionen am Montag mit. Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich die drei Parteien darauf verständigt, das Gesetz der Vorgängerregierung zu ändern. Der Entwurf von Klimaminister Robert Habeck (Grüne) aus dem Sommer 2023 ging vor allem der FDP aber nicht weit genug. Der Druck wuchs, weil der Verkehrssektor seit Jahren sein Sektorziel verfehlt und Deutschland deswegen bereits vor Gericht verurteilt wurde. Verkehrsminister Volker Wissing hatte zuletzt mit Fahrverboten an Wochenenden gedroht, falls das Gesetz nicht schnell geändert werde.

Zudem hatte die FDP das vor allem von den Grünen forcierte Paket zur Solarförderung blockiert und mit dem Klimagesetz verbunden. Das Paket sieht allerdings keine - auch von Habeck erwogene - direkte Förderung deutscher Solarmodul-Hersteller vor. Dafür kann die Regierung - wie von der EU vorbereitet - verstärkt qualitative Kriterien bei der Förderung anlegen, was deutschen und europäischen Firmen etwa in Konkurrenz zu China helfen könnte.

Insgesamt zeigte sich auch Klimaminister Habeck zufrieden: "Die Klimaschutzpolitik wird damit vorrausschauender, flexibler und dadurch effizienter." Die Bundesregierung trage künftig noch stärker eine Gesamtverantwortung für die Einhaltung der Klimaziele. Auch das Solarpaket sei hilfreich: "Das Paket ist ein weiterer Booster für den Ausbau der Solarenergie." Der Ausbau werden beschleunigt und mit weniger Bürokratie umgesetzt.

Der Umweltverband BUND sprach dagegen von einem Schlag gegen den Klimaschutz: "Statt Verbindlichkeit und Zuständigkeit gibt es jetzt geteilte Verantwortungslosigkeit. Dem Gesetz wurden entscheidende Zähne gezogen", sagte BUND-Chef Olaf Bandt. Klimaschutz solle ungestraft auf die lange Bank geschoben werden.

Im Einzelnen soll es künftig statt einer jahresscharfen Beurteilung jedes einzelnen Sektors wie Energie, Industrie, Gebäude oder Verkehr nur noch eine Gesamtanalyse geben. Alle zwei Jahre soll überprüft werden, ob Deutschland insgesamt mit Blick auf sein Klimaziel 2030 auf Kurs ist. Zusätzliche Programme werden nur aufgelegt, wenn dies in der Zweijahresbetrachtung - erstmals 2026 - nicht der Fall ist. Zuletzt hatte Deutschland sein Klimaziel erreicht - allerdings vor allem wegen der Wirtschaftsschwäche. 2023 wurde so 46 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990 ausgestoßen. Bis 2030 müssen es 65 Prozent sein.

FRAKTIONEN: KLIMAZIELE BLEIBEN IN KRAFT

Alle drei Fraktionen betonten, mit dem neuen Klimaschutzgesetz würden die Ziele nicht infrage gestellt. "Durch die Novelle darf kein Gramm CO2 mehr ausgestoßen werden. Mit dem Solarpaket geben wir gleichzeitig wichtige Impulse für den Ausbau der Photovoltaik, der Windkraft und Biomasse", sagte SPD-Vize-Fraktionschef Matthias Miersch. Seine Grünen-Kollegin Julia Verlinden betonte: "Wir geben dem Klimaschutz in Deutschland ein starkes Update, das ihn fit macht für die nächsten 20 Jahre auf Deutschlands Weg zur Klimaneutralität." Das Klimaschutzgesetz verpflichte die Bundesregierung auch erstmals, konkrete Klimaschutzmaßnahmen für die Zeit 2030 – 2040 zu beschließen.

Die FDP verbuchte die Einigung als Erfolg: "Durch die Abschaffung der jährlichen Sektorziele im Klimaschutzgesetz ist sichergestellt, dass es keine Fahrverbote geben wird", sagte FDP-Vize-Fraktionschef Lukas Köhler. Verkehrsminister Wissing schrieb auf "X": Unsere Gesellschaft muss bezahlbar mobil bleiben." Es sei gut, dass auch die Grünen sich jetzt für einen realistischen Klimaschutz entschieden hätten.

Gegen das bisherige Klimaschutzgesetz der Großen Koalition aus dem Jahr 2021 hatte Deutschland regelmäßig verstoßen, da die Sektoren Gebäude und vor allem Verkehr ihre vorgegebenen Obergrenzen beim Treibhausgas-Ausstoß überschritten. Eigentlich hätten die zuständigen Minister dann jeweils ein Sofortprogramm vorlegen müssen, um wieder auf Kurs zu kommen. Verkehrsminister Wissing hatte sich geweigert und argumentiert, schnelle Erfolge seien ohne Einschnitte wie Fahrverbote nicht möglich. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beurteilte Ende 2023 diese Weigerung aber als rechtswidrig. Um Zeit zu gewinnen, legte die Bundesregierung Berufung vor Bundesverwaltungsgericht ein, die Verhandlung hat noch nicht begonnen.

Erst am Montagmorgen hatte der von der Regierung eingesetzte und im Klimagesetz verankerte Expertenrat festgestellt, dass auch 2023 der Ausstoß im Gebäude- als auch Verkehrssektor zu hoch und ein Sofortprogramm daher Pflicht sei.

(redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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