Expertenrat - Wissing zu Klima-Programm gesetzlich gezwungen

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Berlin (Reuters) - Der Verkehrssektor bleibt das Hauptproblem beim Klimaschutz in Deutschland.

Der Bereich habe erneut seine gesetzlichen Vorgaben verfehlt und müsse wie der Gebäudebereich ein Sofortprogramm vorlegen, erklärte der von der Regierung eingesetzte Expertenrat für Klimafragen am Montag. Insgesamt habe es zwar 2023 in Deutschland einen starken Rückgang des Treibhausgas-Ausstoßes gegeben und Deutschland sein Klimaziel eingehalten, bestätigte das unabhängige Expertengremium Zahlen des Umweltbundesamts. Der Verkehr habe aber deutlich mehr CO2 als die vorgegebene Höchstgrenze produziert, beim Gebäudesektor sei es knapp. "Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht allerdings für beide Sektoren die Notwendigkeit eines Sofortprogramms", sagte der Vorsitzende des Expertenrats, Hans-Martin Henning, auf der Pressekonferenz des Gremiums in Berlin.

Bereits in den vergangenen Jahren hatten die Sektoren ihre Ziele für die CO2-Emissionen verfehlt. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte jedoch ein Sofortprogramm abgelehnt, da die Ampel-Koalition das Klimaschutzgesetz als Basis der Regelungen ändern will. Das Klimaministerium von Robert Habeck (Grüne) hatte schon vor neun Monaten einen Entwurf vorgelegt, in dem die jahresscharfen Ziele für die einzelnen Sektoren aufgeweicht werden. So sollen Ziele unter den Sektoren verrechnet werden und eine überjährige Betrachtung der Vorgaben möglich sein. Wissing und der FDP geht das jedoch nicht weit genug, so dass die Ampel im Bundestag weiter um das Gesetz ringt.

WISSING DROHT MIT FAHRVERBOTEN AM WOCHENENDE

Wissing hatte gedroht, ohne einen schnellen Beschluss des Klimagesetzes müsse er mit Fahrverboten am Wochenende reagieren, um die Sektorziele nach dem alten Gesetz einzuhalten. Der unabhängige Expertenrat überprüft laut Klimaschutzgesetz die deutschen Emissionsdaten des Umweltbundesamtes (UBA) und analysiert Programme der Regierung auf ihre Tauglichkeit.

Laut dem Expertenrat bietet schon das bestehende Gesetz Möglichkeiten zum verrechnen von Emissionen. Zunächst müsse zwar ein Sofortprogramm aufgelegt werden. Wenn dieses aber nicht ausreiche, könnten sich die zuständigen Minister auf eine Verrechnung von Sektoren verständigen.

Doch auch dies könne laut der Vize-Vorsitzenden des Gremiums, Brigitte Knopf, Deutschlands Problem wohl nicht lösen. Sie verwies auf europäische Vorgaben, die sich an den Sektoren orientierten. Deutschland drohten daher unabhängig von einer eventuellen Verrechnung ab 2024 Strafzahlungen, nach 2030 könnten diese dann sehr teuer werden. "Hier kriegen wir ein europäisches Problem."

Der Expertenrat zeigte sich zudem skeptisch, ob Deutschland auf Dauer nun seine Klimaziele erreiche: Wichtigster Faktor für den Rückgang der Emissionen sei 2023 der Produktionsrückgang der energieintensiven Industrie zusammen mit der allgemeinen Wirtschaftsschwäche gewesen. Zudem stehe künftig deutlich weniger Geld für den Klimaschutz zur Verfügung, was sich ebenfalls auswirken werde. Lediglich der Gebäudesektor könne wegen der tendenziell wärmeren Winter und kürzeren Heizperioden sein Klimaziel künftig vielleicht leichter erreichen.

Umweltgruppen wie der BUND sehen daher keine Entwarnung: "Deutschland ist mitnichten auf Klimakurs und die Klimaziele bis 2030 sind so nicht einzuhalten", erklärte Klimaexpertin Tina Löffelsend. "Die Lage hat sich sogar noch zugespitzt, weil durch den Sparkurs der Regierung wichtige Mittel für den Klimaschutz gestrichen wurden." Die Deutsche Umwelthilfe kündigte weitere Gerichtsklagen an. Deutschland war bereits wegen Verstoßes gegen das Klimaschutzgesetz verurteilt worden, hat jedoch Berufung vorm Bundesvewaltungsgericht eingelegt.

(Bericht von Markus Wacket; redigiert von. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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