Scholz und Macron dringen auf Neuausrichtung des EU-Haushalts

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Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dringen auf eine Neuausrichtung des EU-Haushalts nach der Europawahl - einschließlich neuer Einnahmequellen.

"Wir sollten den EU-Haushalt fit für die Zukunft machen und Investitionen in transformative Ausgaben und europäische öffentliche Güter weiter priorisieren", hieß es in einem für die Zeitung "Financial Times" geschriebenen Beitrag beider Politiker vom Montagabend. Macron sprach sich zudem während seiner Deutschlandreise für eine Verdopplung des EU-Haushalts aus.

Kanzler und Präsident formulieren mit dem Beitrag die gemeinsame Position beider Länder für die Neuaufstellung der EU-Kommission nach den Europawahlen Anfang Juni. Die beiden Männer treffen am Dienstag beim deutsch-französischen Ministerrat in Meseberg zusammen.

MACRON: EU-HAUSHALT SOLLTE VERDOPPELT WERDEN

In ihrem deutsch-französischen Schulterschluss dringen Scholz und Macron darauf, dass die EU mehr für die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie tun müsse, um global mithalten zu können. Dazu brauche es nicht nur eine "ehrgeizige Agenda für den Bürokratieabbau", hieß es in dem Beitrag. Auch die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit müssten neu bestimmt werden. Dies betrifft die Frage, welche Regeln in der EU und welche in den Nationalstaaten festgelegt werden. Zudem solle an der Einführung neuer EU-Eigenmittel gearbeitet werden, wie dies 2020 vereinbart worden sei. Dies könnten etwa eigene Steuereinnahmen oder Abgaben für die EU sein, damit der EU-Haushalt unabhängiger von nationalen Zuweisungen wird.

In Dresden sprach sich Macron für eine Verdopplung des EU-Haushalts aus. Die genaue Finanzierung ließ er dabei offen. "Wir brauchen doppelt so viele Investitionen in Europa", sagte er in einer Rede vor Jugendlichen in Dresden, die er teilweise auf Deutsch hielt. "Wir sollten unseren europäischen Haushalt verdoppeln", fügte er hinzu und nannte als Möglichkeit eine gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU. Diese ist allerdings in etlichen EU-Staaten umstritten.

PLÄDOYER FÜR SCHLÜSSELTECHNOLOGIEN VON KI BIS KLIMA

Erneut pochen Scholz und Macron auf einen wirklich integrierten europäischen Finanz- und Bankensektor. Dazu müsse etwa der europäische Verbriefungsmarkt wiederbelebt werden sowie die Konvergenz und Effizienz der Kapitalmarktaufsicht in der EU verbessert werden. Benötigt werde eine Harmonisierung bei der Unternehmensinsolvenz und dem Steuerrecht sowie ein "einfaches und effizientes grenzüberschreitendes Anlage- und Sparprodukt für alle". Die EU solle sich besonders um Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Quantentechnologien, Raumfahrt, Mobilfunktechnik, Bio- und Klimatechnologien, Mobilität und Chemikalien kümmern.

Im Handelsbereich überspielen beide dagegen ihre Differenzen. Deutschland pocht auf den schnelleren Abschluss von Freihandelsverträgen der EU mit anderen Teilen der Welt, während Frankreich reservierter ist. Macron plädierte in Dresden für einen stärkeren Schutz europäischer Firmen im internationalen Wettbewerb. "Warum sollten wir nicht-europäische Unternehmen bevorzugen, die unsere europäischen Regeln gar nicht einhalten?", fragte er. Dies sei zum Nachteil europäischer Firmen. "Deswegen brauchen wir ein Europa, das sich auch in der Handelspolitik besser selbst schützt."

(Bericht von Andreas Rinke; Geschrieben von Scot W. Stevenson; Redigiert von Birgit Mittwollen.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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