Frankreichs rechtsextremer RN setzt bei Parlamentswahl auf abtrünnige Republikaner

Paris (Reuters) - In Frankreich setzt der rechtsextreme Rassemblement National (RN) auf abtrünnige Mitglieder der Republikaner und parteilose Politiker für eine Regierungsmehrheit nach der Parlamentswahl.
"Wir arbeiten seit Monaten an einem 'Matignon'-Plan", sagte der RN-Abgeordnete Laurent Jacobelli am Donnerstag Reuters mit Blick auf den gleichnamigen Amtssitz des Ministerpräsidenten. Der RN wolle Kandidaten in allen 577 Wahlkreise aufstellen. Dutzende würden aus den Reihen der konservativen Republikaner kommen, zeigte sich Jacobelli überzeugt. Die Republikaner hatten am Mittwoch ihren Parteichef entmachtet, nachdem sich dieser für eine Zusammenarbeit mit dem RN ausgesprochen hatte.
Nach Umfragen wird der RN von Marine Le Pen die Wahlen am 30. Juni und 7. Juli gewinnen. Allerdings wird demnach die Partei die absolute Mehrheit verfehlen. Präsident Emmanuel Macron hatte nach der Europa-Wahl kurzfristig eine vorgezogene Neuwahl des Parlaments angeordnet, nachdem sein Bündnis vom RN klar geschlagen wurde. Macron selbst lehnt einen Rücktritt vom Präsidentenamt ab.
"Was wir anstreben, ist eine Regierung der nationalen Einheit", sagte Jacobelli. Allerdings ist eine Zusammenarbeit mit Parteien des linken Spektrums unwahrscheinlich. Für den RN kommt es darauf an, auch Wähler zu überzeugen, die bislang von der rechtsextremen Ausrichtung der Partei abgeschreckt wurden. "Die ganze Arbeit, die Marine Le Pen in den letzten Jahren geleistet hat, hat uns zu einer Partei gemacht, die regierungsfähig ist", betonte Jacobelli.
Der RN fordert eine protektionistische Wirtschaftspolitik nach dem Motto "Frankreich zuerst" und eine radikale Begrenzung der Einwanderung. Er will das Kinderbetreuungsgeld auf französische Staatsbürger beschränken und Migranten, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, das Aufenthaltsrecht entziehen.
In Frankreich werden die Sieger in den Wahlkreisen in einem zweiten Wahlgang bestimmt, wenn im ersten Wahlgang kein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht. Bei der zweiten Abstimmung am 7. Juli ist dann eine einfache Mehrheit ausreichend. Dabei kann eine Rolle spielen, ob manche Bewerber ihre Kandidatur zugunsten eines Konkurrenten zurückziehen.
(Bericht von Elizabeth Pineau, Dominique Vidalon und Tassilo Hummel, geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)