Gläubigergruppe verzichtet für Ukraine auf Teil ihrer Gelder
London/Berlin (Reuters) - Die Ukraine sichert sich weitere Gelder, um den Abwehrkampf gegen Russland finanzieren zu können.
Der ukrainische Finanzminister Sergej Martschenko verkündete am Montag eine Grundsatzeinigung mit internationalen Gläubigern. Diese verzichten auf einen Teil ihres Geldes. Die Ukraine werde damit in den nächsten drei Jahren 11,4 Milliarden Dollar für andere Zwecke zur Verfügung haben, so Martschenko.
Bei der Grundsatzeinigung mit privaten Gläubigern geht es um ausstehende Anleiheschulden der Ukraine im Volumen von 19,7 Milliarden Dollar. Seit fast zwei Jahren gibt es bei diesen bereits Zugeständnisse der Gläubiger, damit das Land mehr Flexibilität hat. Diese Vereinbarungen laufen in den nächsten Tagen aus, weswegen eine größere Einigung zur Restrukturierung der Schulden gefunden werden musste. Zum ersten Mal ist dies nun einem Land gelungen, das sich mitten in einem Krieg befindet.
Martschenko sprach von einem wichtigen Schritt. Die Grundsatzeinigung sieht vor, dass die Gläubiger auf 37 Prozent der Gelder verzichten. Bis 2027 wird die Ukraine zudem im großen Stil vom Internationalen Währungsfonds (IWF) finanziert. Die sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) haben der Ukraine auch einen Mega-Kredit im Volumen von 50 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. Für diesen sollen auch Zinserträge aus eingefrorenen russischen Geldern genutzt werden.
Die Gläubigergruppe, die 22 Prozent der Staatsanleihen besitzt, teilte mit, die Verhandlungen seien schnell über die Bühne gegangen und konstruktiv gewesen. Es solle der Ukraine geholfen werden, wieder Zugang zum internationalen Kapitalmarkt zu finden. Außerdem sei es das Ziel, den Wiederaufbau des Landes zu finanzieren. Nach Angaben der Regierung in Kiew wollen weitere Investoren, die zusätzliche drei Prozent der Anleihen hielten, den Deal mittragen.
NEUE ANLEIHEN ERSETZEN ALTE - MIT ANDEREN KONDITIONEN
Konkret sollen die alten Staatsanleihen durch neue ersetzt werden und zwar in zwei Wellen. Bei den neuen Bonds in der ersten Serie sollen Zinszahlungen ab 2025 gezahlt werden. Die Laufzeiten der Wertpapiere reichen zwischen 2029 und 2036. Bei Anleihen der zweiten Serie geht es um Laufzeiten zwischen 2030 und 2036. Hier sollen vor 2027 keine Zinszahlungen fällig werden. Sollte sich die ukrainische Wirtschaft 2028 besser schlagen als vom IWF erwartet, würden höhere Zahlungen des Landes fällig. Dann könnte sich der Schuldenschnitt - der sogenannte Haircut - auf 25 Prozent reduzieren.
Nach Angaben der Ukraine haben sowohl der IWF als auch andere Geldgeber des Landes ihre Unterstützung signalisiert. Ein Insider sagte Reuters, die Zahlungen der Ukraine an die Investorengruppe sollten bis Ende 2025 bei unter 200 Millionen Dollar liegen.
Das FDP-geführte Bundesfinanzministerium teilte auf Anfrage mit, die Bundesregierung habe nicht an den Verhandlungen der Ukraine mit den privaten Gläubigern teilgenommen. Im Umfeld des Ministeriums hieß es, die Einigung sei aber zu begrüßen. "Sie ist ein wichtiger Schritt für die Handlungsfähigkeit und Planungssicherheit der Ukraine." Die staatlichen Gläubiger hätten der Ukraine bereits die Aussetzung von Zins- und Tilgungszahlungen ermöglicht. Über weitergehende Maßnahmen müsse zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.
(Bericht von Karin Strohecker, Libby George und Christian Krämer, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)